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Motiv Stadt, Motiv Mensch | 249
wird, die alle der eigenen nationalen Gruppe nicht Zugehörigen ausschließt.19 In
Maribor/Marburg gab es einige Denkmäler: gegenüber des Bahnhofes Andreas
Tappeiner, der ehemalige Bürgermeister der Stadt (1861–67), auf dem Domplatz
Kaiser Joseph II., im Stadtpark der beliebte Erzherzog Johann und der Begründer
der deutschen Turnbewegung Friedrich Ludwig Jahn, vor der Kadettenschule Kai-
ser Franz Joseph I. und auf dem Platz vor der Realschule der in Maribor/Marburg
geborene Admiral und Sieger der Seeschlacht von Lissa (dem heutigen Vis 1866)
Willhelm von Tegetthoff. Als Denkmäler, aber auch als Postkartenmotiv, betonten
sie das dominierend deutsche Bild der Stadt Maribor/Marburg vor dem Ersten
Weltkrieg – dies war zumindest die Intention ihrer Errichter. Besonders Joseph II.
und Turnvater Jahn hatten eine besonders deutschnationale Konnotation. Andere
waren vor allem wegen ihrer Taten (Tegetthoff), ihrer Position (Franz Joseph I.)
oder ihrer Verdienste um die Stadt (Tappeiner, Erzherzog Johann) populär. Nach
1918 unter neuen politischen Vorzeichen geschah mit ihnen das, was mit Denk-
mälern in solchen Fällen gern geschieht: Sie verschwanden aus dem Stadtbild.
Fraglich bleibt, ob die Betonung der nationalen Konnotation auch die Absicht
jener war, die solche Postkartenmotive sammelten und verschickten. Bei einigen
vielleicht, gut möglich ist aber auch, dass man ein Denkmal einfach als eine Se-
henswürdigkeit der Stadt auffasste, die dem städtischen Raum ihren visuellen
Stempel aufdrückte, ohne dass eine besondere politische Assoziation damit ver-
knüpft gewesen sein muss.
MOTIV MENSCH
Bei sorgfältiger Betrachtung von Postkarten aus Maribor/Marburg um die Jahr-
hundertwende sieht man, dass vielfach nicht nur Stadtansichten, sondern auch das
Leben auf den Straßen wiedergegeben wurde. Dem Betrachter wird mit solchen
Bildmotiven ein viel dichteres Bild der ehemaligen Stadt vermittelt als durch jene,
die bloß Gebäude und leere Straßen zeigen. Viele Postkarten mit Motiven einer
Gasse oder eines Platzes, z. B. von der Herrengasse (siehe Abb. 2), der Tegett-
hoffstraße, des Haupt- oder des Domplatzes, zeigen einen von Menschen einge-
nommenen öffentlichen Raum. Die technischen Möglichkeiten dafür waren relativ
neu: Ab den 1880er Jahren hatten technische Errungenschaften dazu geführt, dass
sich die ‚Momentfotografie‘ als fotografische Praxis immer stärker durchsetzte
19 Jezernik, Mesto brez spomina, S. 18.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen