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256 | Jerneja Ferlež
zu einer Zeit, in der Postkarten populär und damit auch vermarktungstechnisch
interessant wurden, solche herauszugeben. Postkarten konnten bei großen Ver-
lagshäusern bestellt werden, die einen großen Markt abdeckten. Sie hatten ihre
reisenden Vertreter, die diese Möglichkeit einer Bestellung von Postkarten feilbo-
ten, woraufhin im Falle einer Absprache diese dann auch produziert wurden. Für
die unterschiedlichsten Gegenden der Monarchie, unter denen viele zweisprachige
waren, wurden oft verschiedene sprachliche Varianten angeboten.24 Die Verleger
waren in der Regel nicht selbst Fotografen, wohingegen das gegenteilige Fallbei-
spiel möglich war: Manch ein Fotograf, auch aus Maribor/Marburg, machte sich
daran, selbst klassische Postkarten herzustellen, da er ein gutes Geschäft witterte.
Die Ausarbeitung von Fotopostkarten hingegen, bei denen ein Foto direkt auf Fo-
topapier abgezogen wurde, das dann auch schon die Grundlage für eine Postkarte
war, umging diese Dualität zwischen Fotografen und Verleger. Fotopostkarten
konnten also mit Leichtigkeit vom Fotografen selbst hergestellt werden.
Dann stellt sich noch die Frage, wer das Motiv auswählte. Wenn es sich um
einen großen Verlag handelte, der gewohnt war, Standardmotive für Orte heraus-
zugeben – die Hauptstraßen und -plätze, wichtige Gebäude, Denkmäler, Brücken
und Stadtansichten – war die Auswahl verhältnismäßig vorhersehbar. Standardi-
siert waren in diesem Falle auch die illustrierten Rahmungen auf collageähnlichen
Mehrbildpostkarten, das Zierwerk und die Aufschriften, die man auf Wunsch des
Auftraggebers maximal noch in die lokale Sprache übersetzen musste. Lokale
Verleger als Auftraggeber hatten hingegen manchmal spezifischere Wünsche. Sie
wussten, welche Stadtteile den Einheimischen mehr bedeuteten, welche die neu-
esten und deshalb interessantesten Stadtteile waren, welche hingegen bald ver-
schwinden würden, wo was gebaut wurde. Dies wussten auch die einheimischen
Fotografen, die richtiggehend von einer Dokumentationswut erfasst wurden, jeden
Winkel ihrer Stadt festzuhalten. Bei der Motivauswahl waren sicherlich jene Fo-
tografen, die auch selbst Verleger waren, am unabhängigsten und kreativsten. Ei-
nige heimische Verleger arbeiteten auch eng mit einem bestimmten Fotografen
zusammen, so dass in einem solchen Auftragsverhältnis manchmal ganze Serien
entstanden.
Zu den ersten Marburger Postkartenverlegern zählten vor allem die Besitzer
von Buch- und Papierhandlungen Theodor Kaltenbrunner, Ferdinand Ferlinz und
Johann Gaisser, nach letzterem auch dessen Sohn Rudolf. Frühe Postkarten ab
1893 produzierten vor allem überregionale Verlagshäuser: Carl Otto Hayd aus
München, Louis Glaser aus Leipzig, Edgar Schmidt aus Dresden bzw. Budapest
sowie Lesk und Schwidernoch aus Wien. Von den Grazer Verlegern kennt man
vor allem die Namen Franz Knollmüller, Anton Schlauer und Albin Sussitz. Nach
24 Vgl. Almasy/Tropper, Štajer-mark, S. 33.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen