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264 | Jerneja Ferlež
Über die Empfängerseite ist meist mehr bekannt, da neben Namen, Ort und Ad-
resse oftmals auch zusätzliche Referenzen auf den Beruf des Empfängers oder
höfliche Anreden wie wohlgeboren, blagorodni etc. angegeben wurden. Dies
konnten also Verwandte, Bekannte, Freunde, Geliebte, Geschäftspartner, Arbeits-
kollegen, Schul- oder Soldatenkameraden sein. Während man aus der Adressie-
rung die Destination erfahren kann, macht der Poststempel, so er leserlich ist, klar,
wann und von wo die Postkarte versandt wurde. Das Echo auf eine Postkarte kön-
nen wir hingegen nicht herauslesen, außer vielleicht aus dem Umstand, dass sie
aufbewahrt wurde – und wir sie deshalb hundert Jahre später noch betrachten kön-
nen.
Die Mehrheit der Postkarten aus Maribor/Marburg vor dem Ersten Weltkrieg
wurden auf Deutsch geschrieben, doch relativ häufig findet man auch sloweni-
sche. Ebenso lassen sich auf Französisch, Italienisch oder in einer südslawischen
Sprache verfasste Postkarten finden. Entweder kann der gesamte Text der Post-
karte auf Deutsch oder Slowenisch geschrieben sein, ebenso aber auch, dass die
Adressierung auf Deutsch erfolgte, während der individuelle Grußtext auf Slowe-
nisch verfasst wurde. Auf Deutsch war vielfach der Ortsname in der Adressierung,
da diese zu jener Zeit allgemein bekannt waren, während dann aber andere Teile
der Adressierung, inklusive der Titulierung und Anrede des Empfängers slowe-
nisch sein konnten. Die Verwendung der Ortsnamen in der Lingua Franca
Deutsch in den Adressierungen von Postsendungen innerhalb der Monarchie, in-
nerhalb welcher diese dann in verschiedensprachige Gegenden kamen, dürfte
wohl – im Sinne eines einheitlichen Postverkehrs – einfach praktischer Natur ge-
wesen sein.
FAZIT: WAS ZEIGEN POSTKARTEN – UND WAS ZEIGEN
SIE NICHT?
Die Dokumentation von Bewegungen der Menschen und ihres Verhaltens im
Raum ist in der Anthropologie eine der bewährten Methoden, um soziale Verhält-
nisse zu untersuchen. Da die Beobachtung allein mit freiem Auge unzuverlässig
ist, wird oftmals auf die Methode der fotografischen Dokumentation und ihrer an-
schließenden Analyse zurückgegriffen.31 Was also sehen wir, wenn wir Postkarten
aus Maribor/Marburg um die Jahrhundertwende betrachten? Sehen wir ein Abbild
31 John Collier jr., „Photography and Visual Anthropology“, in: Paul Hockingd (Hg.),
Principles of Visual Anthropology, Berlin, New York 1985, S. 235-254, hier S. 242.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen