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Multiethnische Mobilisierung | 289
halter Friedrich Graf von Toggenburg ein und leitete den Akt an das k. k. Minis-
terium des Innern weiter.54 Zum anderen erhielt die Angelegenheit im Juni und
Juli 1914 durch die grundlegende Änderung der (welt)politischen Lage eine neue
Dynamik. Toggenburg begrüßte in einem Schreiben vom 18. September die An-
regung, Bilder an Schüler und Schülerinnen zu verteilen, was seiner Ansicht nach
insbesondere in ländlichen Gebieten Erfolge erzielen könne:
„Im allgemeinen schiene mir der gegenwärtige Zeitpunkt für die Frage günstig, da die Sol-
daten aus Italienischtirol an der Seite der österreichischen Soldaten aller Nationen gegen
einen auch von ihnen in gleicher Weise eingeschätzten Feind kämpfen, also mehr als sonst
Anknüpfungspunkte für das patriotische Empfinden auch bei jenen zu finden ist [sic], die
sonst irredentistischen Einflüssen leichter zugänglich wären.“ 55
Im Gegensatz zur Anregung des Korpskommandos riet er jedoch von der Verwen-
dung von Bildern aus der Tiroler Vergangenheit ab,56 da diese „zu sehr spezifisch
deutschtirolische Erinnerungen verkörpern“ und deshalb bei der italienischspra-
chigen Bevölkerung auf „wenig Sinn und Verständnis“ stoßen würden. Stattdes-
sen sollten Portraits des Kaisers und anderer Mitglieder der Dynastie sowie aktu-
elle Kriegsbilder, insbesondere von den Kämpfen der Kaiserjäger gegen Russland
gewählt werden.
Das Ministerium für Kultus und Unterricht griff diese Idee auf und regte da-
raufhin an, „ein hübsches Bild seiner Majestät und weiters die vom Kriegshilfs-
bureau des Ministeriums des Innern herausgegebenen offiziellen Kriegskarten mit
italienischem Text zu versehen und an die südtirolische Schuljugend zu verteilen“.
Obwohl der finanzielle Rahmen des Projekts knapp bemessen war, zeigte sich der
Leiter des Kriegshilfsbüros, Eduard Prinz von und zu Liechtenstein, „für die Idee
ganz begeistert“ und erklärte sich bereit, eine offizielle Ansichtskarte mit dem
Portrait Kaiser Franz Josephs und Erzherzog Franz Joseph Ottos sowie vier bis
fünf verschiedenen Kriegsbildkarten, „die insbesondere Tiroler Truppen (darunter
auch die von Südtirolern kontingentierten Kaiserjäger) in kriegsmäßiger Aktion“
zeigen sollten, zur Verfügung zu stellen.57
54 ÖStA, AVA, MdI Präs. Kart. 1221, Zl. 7712/1914.
55 ÖStA, AVA, MdI Präs. Kart. 1221, Zl. 14281/1914.
56 Detailliert zur Bedeutung der Vergangenheit, insbesondere der Ereignisse von 1809, für
die nationale Identität der deutschsprachigen Tiroler vgl. Cole, "Für Gott, Kaiser und
Vaterland".
57 ÖStA, AVA, MdI Präs. Kart. 1221, Zl. 14281/1914.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen