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das BiBElcompEndium dEs pEtrus Von poitiErs
Gegenüberstellung aller bekannten Compendia
vom „Typ Baumgartenberg“
Eine mit Cod. 490 zur Gänze oder partiell übereinstimmende Ausstattung des
Compendiums hat sich in vier weiteren Codices erhalten. Zwei dieser Bände gehö-
ren ebenfalls noch dem 13. Jahrhundert an, die beiden anderen entstanden erst im
14. Jahrhundert bzw. um die Jahrhundertwende. Um 1300 wird schließlich auch ein
im Kunsthandel befindliches Einzelblatt datiert, auf das eine der Linzer Miniatur
weitgehend entsprechende Weltdarstellung gezeichnet wurde.
Handschriften des 13. Jahrhunderts
Der eine der beiden älteren Codices wird in der Bibliothèque municipale in Lyon
unter der Signatur Ms. 445 aufbewahrt.35 Seine Herkunft war bislang nicht bekannt
(siehe unten). Das Compendium folgt hier exakt demselben Layout wie in Linz
(vgl. Abb. 1 und 2 mit Abb. 6 und 7), und auch die zwischen die Textabschnitte
eingepassten Schemata weisen jeweils genau dieselbe Form auf (Abb. 3, 8). Die enge
Verwandtschaft zwischen den beiden Handschriften erstreckt sich sogar auf winzi-
ge Details. Zu nennen sind etwa das fibrillenartige Verweiszeichen, mittels dessen
auf fol. 4v in Linz bzw. fol. 3r in Lyon die beiden Teile eines abgetrennten Textab-
schnittes miteinander verbunden werden, das kleine Kreuz, das in der Darstellung
des Neuen Jerusalem (foll. 8r/6v) jeweils auf den zugehörigen Text hinweist, oder
das Zeptermotiv, das auf foll. 9r/7v (Abb. 2, 7) der Kennzeichnung des Kaisers
Tiberius dient. Dem weniger sorgfältig arbeitenden Kopisten des Lyoner Codex
sind lediglich ein paar Fehler unterlaufen: Auf fol. 2v hat er neben Sella einen
überflüssigen Kreis gezeichnet, außerdem das letzte Medaillon der Seite (Thare) aus
Platzmangel schräg oberhalb des vorletzten (Nachor) angeordnet, schließlich den
Namen Hyron im zweituntersten Textabschnitt zu Syron verballhornt (vgl. Abb. 6
mit Abb. 1). Darüber hinaus fehlt rechts unten auf fol. 3r die in Linz (fol. 4v) in
Rot notierte Erläuterung zu Manasses und Effraim. Dafür hat der Zeichner auf
derselben Seite die in der Linzer Handschrift von Hiob und Balaam ausgehenden,
ins Leere laufenden Linien weggelassen.
Das Lyoner Compendium wurde nicht illuminiert (vgl. Abb. 6, 7 mit Abb. 1,
2), und bei der Weltdarstellung, die der Genealogie Christi auch hier vorangestellt
Aufstellung in den beiden oberen Bogenreihen übereinstimmt, ist zum Beispiel bei den
Traktaten zu den acht Hauptlastern von Johannes Cassianus und Eutropius sowie in
Kommentaren zum Buch Deuteronomium zu finden; Texte suchbar unter: http://mlat.
uzh.ch/. Die sieben Paare in der dritten Arkadenreihe nehmen vermutlich Bezug auf
die sieben allegorischen Kämpfe in der Psychomachie des Aurelius Prudentius Clemens.
Zu den Kardinaltugenden und den von diesen abgeleiteten Tugenden im antiken und
mittelalterlichen Schrifttum, siehe zum Beispiel István P. Bejczy: The Cardinal Virtues in
the Middle Ages: A Study in Moral Thought from the Fourth to the Fourteenth Century
(Brill’s Studies in Intellectual History 202). Leiden 2011, Appendix I. Dies sind jedoch
nur erste Hinweise; welche genauen Textgrundlagen in der Linzer Zusammenstellung
kompiliert wurden, muss noch untersucht werden.
35 Digitale Abbildungen der Handschrift online unter: http://numelyo.bm-lyon.fr/ (Such-
maske).
Europäische Bild- und Buchkultur im 13. Jahrhundert
- Titel
- Europäische Bild- und Buchkultur im 13. Jahrhundert
- Autor
- Christine Beier
- Herausgeber
- Michaela Schuller-Juckes
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21193-8
- Abmessungen
- 18.5 x 27.8 cm
- Seiten
- 290
- Kategorien
- Geschichte Chroniken