Seite - 10 - in Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft - Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
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Bildungs- und Berufsberatung in der
Migrationsgesellschaft10
konstruieren und die darin entwickelten Handlungsstrategien der Akteur_
innen zu untersuchen.
In Verbindung mit der Diskussion um rechtliche Anerkennung gewinnen
auch die berufliche und soziale Integration als gesellschaftliche Anerken-
nungsprozesse an Bedeutung. Hamburger (vgl. 2012, S. 22f.) stellt hierzu
fest, dass Integrationsprozesse in der öffentlichen und wissenschaftlichen
Diskussion vielfach aus einer kulturellen Perspektive thematisiert werden
(z.B. »multikulturelle Gesellschaft«), anstatt die strukturellen Bedingungen
in den Vordergrund zu stellen. Es sind nur selten kulturelle Gründe, die zu
Migrationsprozessen führen. Stattdessen stellen die häufigsten Ursachen
für Flucht weiterhin Armut, politische Unterdrückung und Krieg dar. Eine
umfassende Perspektive auf Integrationsprozesse darf sich daher nicht auf
die Diskussion von kulturellen Werten und interkulturellen Herausforde-
rungen beschränken, sondern muss »die strukturellen Bedingungen und
Prozesse einer Gesellschaft in den Vordergrund« (ebd., S. 22) stellen. Beruf-
liche Integration in der Migrationsgesellschaft (zum Begriff vgl. Mecheril
2004, S. 8) bezieht sich demnach zunächst nicht auf die kulturelle Teilhabe,
sondern auf die strukturelle Partizipation. Durch Anerkennungsprozesse
auf verschiedenen Ebenen werden die hierfür notwendigen Voraussetzun-
gen geschaffen.
Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftspolitischen Diskussionen um
Migrations- und Integrationsprozesse werden zunehmend die Qualifikatio-
nen von Migrant_innen in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung
gestellt. In Deutschland und Österreich wird Migration dabei vor allem unter
dem Gesichtspunkt der »Quantitäts- und Nutzenfrage« (Krüger-Potratz
2005, S. 20) diskutiert – eine Debatte, die zunächst in keinem Zusammen-
hang zu einem weltweiten Menschenrecht auf Asyl steht, jedoch oftmals in
der öffentlichen Diskussion die Notwendigkeit von Migration aus der Pers-
pektive des Aufnahmelandes legitimiert. Als Gründe werden unter anderem
das Altern der Bevölkerung, der sogenannte Fachkräftemangel und die un-
gesicherte Rentenfrage angeführt. Der Engpass an Fachkräften betrifft vor
allem den Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens. Die Zuwanderung
und berufliche Integration von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland
soll diese Lücke schließen. Als Vorteile werden zudem die sprachlichen und
»interkulturellen« Kompetenzen von Menschen mit Migrationserfahrung
genannt, welche Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen oft-
mals unhinterfragt zugeschrieben werden (vgl. Müller und Ayan 2013, S.
2f.).
Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Titel
- Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
- Untertitel
- Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Autor
- Birgit Schmidtke
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4485-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 252
- Schlagwörter
- Qualifikation, Integration, Bildungsberatung, Berufsberatung, Bildung, Bildungsforschung, Bildungssoziologie, Bildungstheorie, Pädagogik
- Kategorie
- Recht und Politik