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In der Anerkennungsberatung ist ein ressourcenorientierter Zugang – gera-
de wenn Klient_innen mit verweigerten Anerkennung auf rechtlicher oder
gesellschaftlicher Ebene konfrontiert sind – besonders schwierig umzu-
setzen und zugleich besonders wichtig für die Herstellung eines Anerken-
nungsverhältnisses auf persönlicher Ebene und die Entwicklung von Hand-
lungsalternativen im Sinne von Empowerment. Aus den Interviews wird
deutlich, dass ein ressourcenorientierter Beratungsansatz auch angesichts
struktureller Hindernisse und Grenzen im Beratungsgespräch weiter um-
gesetzt und durch die oftmals parteiliche Beratungshaltung der beratenden
Person unterstützt wird.
»[D]a ist die Kunst der Berater_innen, jemandem zu vermitteln, dass es diese
Ausbildung in Österreich nicht gibt. Das bedeutet, du kannst keine Anerken-
nung durchführen, wenn so etwas nicht gegeben ist, und die Kunst ist halt zu
schauen, wie kann man das doch irgendwie nutzen für eine Weiterbildung
oder eine Teilanerkennung, die in Österreich nicht gegeben ist, und zu schau-
en, wie kann man das irgendwie anders umsetzen oder gibt es irgendwelche
Alternativen« (B/AT, Z. 724-731).
Aus anerkennungstheoretischer Perspektive ist die Kompetenz der bera-
tenden Person darin zu sehen, erfahrene Aberkennung bzw. verweigerte
Anerkennung auf rechtlicher und gesellschaftlicher Ebene zum Beratungs-
gegenstand zu machen, ohne zugleich das Anerkennungsverhältnis auf der
Interaktionsebene des Beratungsgesprächs zu gefährden.
Die Herstellung eines Anerkennungsverhältnisses auf der Beratungs-
ebene kann damit als eine Handlungsstrategie im Umgang mit restriktiven
Rahmenbedingungen gesehen werden, um die Person im Sinne von Emp-
owerment in ihrer eigenständigen Entscheidungs- und Handlungsfähig-
keit zu stärken und sie darin zu unterstützen, Anerkennungsverhältnisse
auf rechtlicher und gesellschaftlicher Ebene einzufordern. Wird der For-
schungsfokus auf die Berater_innen gelegt, so unterstützen die beschriebe-
nen Empowermentstrategien nicht nur die Entscheidungs- und Handlungs-
fähigkeit der Klient_innen, sondern ermöglichen auch den Berater_innen,
innerhalb der Spannungsfelder von Selbstverständnis und strukturellen Be-
dingungen handlungsfähig zu bleiben.
Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Titel
- Bildungs- und Berufsberatung in der Migrationsgesellschaft
- Untertitel
- Pädagogische Perspektiven auf Beratung zur Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen
- Autor
- Birgit Schmidtke
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefeld
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4485-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 252
- Schlagwörter
- Qualifikation, Integration, Bildungsberatung, Berufsberatung, Bildung, Bildungsforschung, Bildungssoziologie, Bildungstheorie, Pädagogik
- Kategorie
- Recht und Politik