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3 Umwelt in Gesellschaft, Politik & Recht
gründen einsehbar und gültig sein – ohne (direkten) Bezug auf Erfahrungen in der
Welt (Empirie). Sie sollen vor aller Erfahrung (a priori) gelten. Kant will die Moral
tief in der Vernunft des Menschen verankern – unabhängig von rein empirischen,
von Fall zu Fall wechselnden Bedingungen des menschlichen Handelns.
Der erste Satz seiner Grundlegung der Metaphysik der Sitten2 lautet: „Es ist … nichts
in der Welt, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein
guter Wille“ (Kant 1785/1975, BA S. 1). Der Gehalt dieses Satzes meint mindestens
zweierlei: Erstens ist die normative Idee eines uneingeschränkt Guten grundlegend
für die Sittlichkeit (Moralität) einer Person und für das Zusammenleben der Menschen.
Zweitens wird die Willensfähigkeit als besondere Eigenschaft des Vernunftwesens
Mensch hervorgehoben. Das, was den Menschen auszeichnet, ist also nicht nur seine
Vernunft allein, sondern auch sein freier Wille. Wenn das so ist, muss jeder Mensch
sein willentliches Handeln genauer ansehen und prüfen, ob es dem Guten dient.
Gibt es ein objektives Kriterium für Moralität, das a priori Gültigkeit beanspruchen
kann? Kann man bestimmen, welche grundlegenden Handlungsprinzipien oder Hand-
lungsmaximen moralisch vertretbar sind? Gemäß Kant sind dies Appelle an die mensch-
liche Pflicht, die in Form von Imperativen formuliert werden („handle so und so“). Die
Verwendung des Pflichtbegriffs durch Kant mag heute irritieren, aber dies erfolgte
im Geiste der Aufklärung. Es handelt sich also nicht um Befehle, die dem einzelnen
Menschen von äußeren Mächten, von überlegenen machtvollen Autoritäten auf-
erlegt werden, sondern es geht um die Selbstgesetzgebung des vernünftigen, freien
und autonomen Menschen.
Der gesuchte Typ des Imperativs ist für Kant ein kategorischer Imperativ. Verein-
facht ist damit gemeint: Es soll etwas formulierbar werden, das über alle Funktiona-
lisierungen und rein subjektive Absichten des Handelns hinausreicht und Anspruch
auf voraussetzungslose, eben „kategorische“ Verbindlichkeit erheben kann. Gesucht ist
ein Imperativ der allgemeinst denkbaren Form mit universeller Gültigkeit und Brauch-
barkeit, der für jeden vernunftbegabten Menschen einsichtig und anwendbar ist.
Kants kategorischer Imperativ in seiner ersten Formulierung lautet: „Handle nur nach
derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines
Gesetz werde“ (Kant 1785/1975, BA S. 52).
Wie „funktioniert“ der kategorische Imperativ? Eine Maxime ist eine praktische Regel,
d.h. eine Regel für das Handeln, welche durch die Vernunft bestimmt wird. Eine
Maxime ist also ein überlegter Grundsatz (oder das Prinzip), nach dem das Subjekt
handeln will. Der kategorische Imperativ – als vernünftiger, objektiver, allgemeingülti-
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2 Zitiert wird nach Seiten der Originalausgabe, wie üblich mit BA für die erste (A) und die zweite
Auflage (B), sodass die Stellen in jeder guten Kant-Ausgabe aufgefunden werden können.
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Titel
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Autoren
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Verlag
- Springer Spektrum
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Abmessungen
- 17.3 x 24.6 cm
- Seiten
- 288
- Schlagwörter
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima