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Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
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59 Umwelt in Gesellschaft, Politik & Recht 3 Nachwuchs auch im Tierreich beobachtet werden kann und dass die Verantwortung nicht auf den Menschen beschränkt bleiben muss. Das Verantwortungsverhältnis kann im Prinzip für alles Lebendige „in seiner Bedürftigkeit und Bedrohtheit“ (Jonas 1979, S. 185) gelten. Für Jonas kann nur Lebendiges Gegenstand von Verantwortung werden. Schließlich betont Jonas, dass es den Menschen auszeichne, Verantwortung haben zu können. Der Mensch ist nicht nur ein vernunftbegabtes Wesen (animal rationale), sondern ein „moralisches Wesen“ (Jonas 1979, S. 185). Jonas spricht konkret von der „Höchste[n] Pflicht der Bewahrung“ (Jonas 1979, S. 74) und von der „Hütung des Erbes“, der „Integrität des Ebenbildes“ (Jonas 1979, S. 393), womit der Religions- philosoph Jonas offenbar auf die biblische Gottesebenbildlichkeit des Menschen an- Fallbeispiel 3.1.2: Umgang mit Gene-Drive-Forschung Bei der Übertragung von gefährlichen Krankheiten wie Malaria, die jedes Jahr sehr viele Opfer fordern, spielen bestimmte Mückenarten eine zentrale Rolle. Fruchtfliegen (Drosophila) verschiedener Arten können Ernteerträge (z.B. von Kirschen oder Oliven) erheblich dezimieren. Gentechnisch erzeugte Veränderungen der Insekten werden als Gegenmittel erforscht – verstärkt seit der Entdeckung der neuartigen Genschere CRISPR/Cas im Jahr 2012. Es wird versucht, Insektenarten gentechnisch so zu verändern, dass sich bestimmte gewünschte Eigenschaften nicht mehr gemäß den Mendel'schen Vererbungsregeln mit 50% Wahrscheinlichkeit, sondern dominant vererben lassen, sodass rasch ganze Populationen verändert werden. Man spricht von mutagener Kettenreaktion oder Gene Drive. For- schende arbeiten an Eliminierungsprogrammen (z.B. durch Erzeugung von Unfruchtbarkeit) oder an der Verminderung der Pathogenität von Krankheitsüberträgern (z.B. durch Beeinflussung der Wirt- Pathogen-Wechselwirkung). Die Freisetzung von entsprechend gentechnisch veränderten Insekten müsste allerdings jenseits der Laborgrenzen, im Freiland – also in der ganzen Natur – erfolgen. Es gibt Befürchtungen, dass solche Freisetzungen neben erhofften Wirkungen auch erhebliche uner- wünschte oder gefährliche Folgen haben könnten. Ein einzelnes Insekt, das mit einem effektiv wirk- samen Gene-Drive-Mechanismus ausgestattet ist, könnte die Natur tiefgreifend – vielleicht irrever- sibel – verändern. Es stellen sich folgende Fragen: Ist die Weitergabe eines durch Gene Drive aus- gelösten gentechnischen Programms (auch eines Eliminationsprogramms) über Artgrenzen hinweg möglich? Welche „ökosystemaren“ (also ganze Ökosysteme betreffende) Folgen (z.B. durch den Ausfall bestimmter Spezies) sind denkbar? Sind Kaskadeneffekte mit Auswirkungen auf andere Lebewesen möglich? Kann man sicherstellen, dass Veränderungen nur an den angezielten Stellen im Genom vorgenommen werden? Sind unerwartete Effekte möglich? Könnten Infektionserreger den Wirtsorganismus wechseln bzw. andere Fruchtschädlinge den Platz der bekämpften Fruchtfliegen übernehmen, die dann ebenfalls mit Gene Drives bekämpft werden müssten, sodass es zu einer Kettenreaktion mutagener Kettenreaktionen kommen muss? Wären mit Gene Drives veränderte Insekten nicht selfish genetic elements, die quasi autonom in der Natur operieren, was die Kontrolle durch den Menschen infrage stellt? Würde die Eingriffstiefe menschlicher Technik in Naturprozesse nicht ganz erheblich erhöht, bis hin zu der Vision einer Natur unter Menschenhand? Angesichts dieser Risiken muss weiter gefragt werden: Können der neue Imperativ von Jonas, seine Heuristik der Furcht und seine Vorrangregel Anleitung für einen verantwortbaren Umgang mit der Gene-Drive-Forschung geben? Wie kann das Vorsorgeprinzip konkret wirksam werden? Sind Forschungs- und Entwicklungs- arbeiten in diesen Bereichen überhaupt verantwortbar?
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Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
Titel
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
Autoren
Erwin Schmid
Tobias Pröll
Verlag
Springer Spektrum
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
ISBN
978-3-662-60435-9
Abmessungen
17.3 x 24.6 cm
Seiten
288
Schlagwörter
Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
Kategorien
Naturwissenschaften Umwelt und Klima
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