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3 Umwelt in Gesellschaft, Politik & Recht
und Verbrauchskette berücksichtigt werden. Wissenschaftlich fundierte Öko- bzw.
Umweltbilanzierungen helfen bei dieser komplexen Aufgabe. Diese Untersuchungen
zeigen, dass Elektromobilität (nur) mit Strom, der zu 100% aus erneuerbaren Energie-
quellen stammt, eine eindeutig positive Bilanz aufweist (Wietschel et al. 2019).
Abgesehen vom in der österreichischen Klima- und Energiestrategie festgehaltenen
Ziel – Bedeckung des gesamten Stromverbrauchs bis 2030 zu 100% aus erneuerbaren
Quellen – muss die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energieträgern zusätzlich aus-
gebaut werden, um Elektromobilität voranzutreiben (siehe Fallbeispiel 3.2.2).
Fallbeispiel 3.2.2: Rechenbeispiel Elektromobilität und Energiebedarf in Österreich
In Österreich liegt der Anteil der Erneuerbaren bei der Stromproduktion derzeit bei knapp über 70%.
Rechnung: Pro Elektrofahrzeug wird mit einem Alltagsstromverbrauch von 15 kWh/100 km und einer
durchschnittlichen Fahrleistung pro Jahr von 13.000 km gerechnet. Das macht bei 5 Mio. zugelassen Pkw
einen zusätzlichen Energieverbrauch von rund 10 TWh (ca. 15% der Stromproduktion).
Fazit: Im Jahr 2017 wurden ca. 9 TWh aus Ökostromanlagen ohne Wasserkraft in das österreichische
Stromnetz eingespeist. Da bei Wasserkraft nur mehr wenig Ausbaupotenzial besteht, werden für eine flächen-
deckende Elektrifizierung des Pkw-Bestands doppelt so viele sonstige Ökostromanlagen (Windkraft, Photo-
voltaik, Biomasse, Geothermie, Deponie- und Klärgas) notwendig werden. Im Bereich Windenergie würde
das statt 1.200 insgesamt 2.400 Windkraftanlagen bedeuten (Stand 2017).
Neue Energieinfrastrukturprojekte und die dadurch entstehenden Energielandschaften
sind jedoch mit Konflikten und Akzeptanzproblemen verbunden (Scherhaufer et al.
2017). Der Ausbau kann z.B. zu Biodiversitätsverlusten führen, die Flächenkonkurrenz
zur Lebensmittelherstellung sowie zum Wohn- und Siedlungsraum erhöhen, human-
ökologische Einflüsse wie Lärm verstärken oder Naherholungsräume reduzieren.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass auch die Suffizienzstrategie einen wich-
tigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors leisten muss. Im Gegensatz zu
den bisher aufgezeigten Konsistenz- und Effizienzstrategien zielt sie auf eine absolute
Senkung des Ressourcen- und Energieverbrauchs ab und kritisiert das vorherrschende
Paradigma eines stetigen Wachstums. Dafür müssen allerdings bisherige Selbstver-
ständlichkeiten, Routinen und Praktiken der individuellen Mobilität hinterfragt
werden. Verhaltensänderung ist jedoch ein langwieriger Prozess, der momentan in
der Gesellschaft nicht nur unpopulär ist, sondern weitgehend im Zusammenhang
mit dem Thema Verzicht diskutiert wird.
Aus heutiger Sicht kann nur ein Zusammenspiel von Konsistenz-, Effizienz- und
Suffizienzstrategien zu einer erfolgreichen Mobilitätswende führen. Wie schon im
Abschnitt 3.2.2 angedeutet, kann allein die Internalisierung externer Umweltkosten
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Titel
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Autoren
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Verlag
- Springer Spektrum
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Abmessungen
- 17.3 x 24.6 cm
- Seiten
- 288
- Schlagwörter
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima