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Umweltinformationssysteme & -management 6
Fallbeispiel 6.1.1: Extremwertstatistik von Sturmereignissen
In diesem Fallbeispiel soll die Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung im Rahmen einer extrem-
wertstatistischen Studie gezeigt werden. Den Ausgangspunkt bilden Messreihen der täglichen Wind-
spitzengeschwindigkeiten (nach der 12-teiligen Beaufortskala) in mehreren Messpunkten über Island
(Stoyan und Jansen 2013). Anhand der Informationen an den Einzelpunkten wird ein räumlich aggre-
gierter Sturmindex betrachtet, der die Anzahl der Stationen, an denen 9 Beaufort erreicht oder über-
schritten wurde, angibt. Die Tageswerte dieses Index liegen zwischen 0% (kein Sturm) und 100%
(extremer Sturm über ganz Island). Sie bilden eine Zeitreihe, die in der Folge analysiert wird.
Mithilfe der Extremwertstatistik soll nun eine Einschätzung der jährlichen Auftretenswahrscheinlichkeit
von Extremereignissen erfolgen. Dabei stehen typischerweise folgende Fragestellungen im Mittelpunkt:
Welche Sturmstärke ist in einem durchschnittlichen Jahr zu erwarten?
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass z.B. ein Sturmstärkeindex von 60 auftritt?
Welche extreme Sturmstärke tritt im Durchschnitt nur alle 100 Jahre auf (100-jährliches Ereignis)?
Zur Beantwortung der Fragestellungen ist die Kenntnis der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Extrem-
ereignisse erforderlich. Dazu wird zunächst eine Extremwertserie für den Beobachtungszeitraum
1912–1992 (81 Jahre) gebildet, die sich aus der maximalen Sturmstärke jedes Jahres zusammen-
setzt. Die Daten sind in Abbildung 6.1.4 als Histogramm dargestellt. Aufgrund der symmetrischen Form
scheint eine Normalverteilung gut zu passen. Die Normalverteilung hat zwei Parameter, Mittelwert 𝜇𝜇
und Standardabweichung 𝜎𝜎 , die die Form der Verteilung bestimmen. Bei der Verteilungsanpassung
werden sie durch den Stichprobenmittelwert ?̅?𝑥 (hier ein Indexwert von 54,18) und die Stichproben-
standardabweichung 𝑠𝑠 (hier 13,70) geschätzt.
Die resultierende Verteilung ist in Abbildung 6.1.4 dargestellt. Die linke Graphik zeigt das Histogramm
der Stichprobenwerte und die daran angepasste Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion. Mit ihrer Hilfe kann
die Frage nach der in einem durchschnittlichen Jahr zu erwartende Sturmstärke beantwortet werden.
Diese entspricht dem Erwartungswert der Verteilung. Bei einer Normalverteilung entspricht der
Erwartungswert dem Wert mit der höchsten Wahrscheinlichkeitsdichte. Durch Ablesen desjenigen
Werts auf der x-Achse, dem der höchste Punkt der Dichtefunktion entspricht, erhält man einen
Indexwert von etwas unter 60 (genau 54,2). Dies entspricht dem Stichprobenmittelwert.
Die rechte Graphik in Abbildung 6.1.4 zeigt das kumulierte Histogramm der Stichprobe und die daran
angepasste Verteilungsfunktion. Mit ihrer Hilfe können Fragen der Auftretenswahrscheinlichkeit von
Ereignissen beantwortet werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Verteilungsfunktion die
Unterschreitungswahrscheinlichkeit 𝑃𝑃 (𝑥𝑥 ) angibt. Dies ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten
eines Sturmereignisses, welches kleiner als 𝑥𝑥 ist. Im Fall von Maxima wie extremen Stürmen, Hoch-
Abbildung 6.1.4: Empirische und theoretische Verteilung der maximalen Windstärken über Island,
Links: Histogramm (gelb) und Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (rot),
Rechts: Kumulatives Histogramm (gelb) und Verteilungsfunktion (rot)
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Titel
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Autoren
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Verlag
- Springer Spektrum
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Abmessungen
- 17.3 x 24.6 cm
- Seiten
- 288
- Schlagwörter
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima