Seite - 10 - in WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
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0 Doch das Gegenteil findet derzeit statt: Wir sind
dabei, den schönen Blauen Planeten in eine ungast-
liche Wüste zu verwandeln, weil der Naturverbrauch
der Menschheit viel zu hoch ist. Die Kernforderung
der Nachhaltigkeitsbewegung lautet daher, die Res-
sourcenverbräuche und schädlichen Emissionen in
den Hochverbrauchsregionen der Erde in den nächsten
Jahrzehnten um den Faktor zehn zu reduzieren.
Was bedeutet dies nun für die derzeitige kontinuier-
liche Durchdringung von immer mehr Lebens- und
Wirtschaftsbereichen mit digitalen Geräten und
Anwendungen? Ohne Zweifel verschlingt die Pro-
duktion von Laptops, Smartphones, Tablets wie auch
der Zubau von Rechenzentren, Übersee
kabeln,
Relais
stationen und vielen weiteren digitalen End-
geräten und Infrastrukturen eine Menge zusätz-
licher
Ressourcen.
Schon
heute
entfallen
rund
zehn
Prozent des weltweiten Stromverbrauchs auf alle
mit dem Internet vernetzten Geräte und Rechen-
zentren – während alle Szenarien darauf hindeuten,
dass der Stromverbrauch in den nächsten Jahren so-
gar noch weiter ansteigen wird. Um den Klimawandel
und den Raubbau an Ökosystemen aufzuhalten, um
den wachsenden Ressourcenverbrauch und die schäd-
lichen Emissionen zu stoppen, gibt es daher nur eine
Schlussfolgerung: Nur wenn wir Informations- und
Kommunikationstechnologien dafür einsetzen, den
überbordenden Energie- und Ressourcenverbrauch
und die Emissionen der industriellen Zivilisation in
allen Sektoren radikal herunterzufahren, wird die Digi-
talisierung einen Beitrag zur nachhaltigen Realisie-
rung der Menschenrechte leisten. Die kurze Formel
lautet: Digitalisierung für die Dematerialisierung!
3. ÜBERWINDUNG DES KAPITALISMUS
FÜR EINE DEMOKRATISCHERE WIRTSCHAFT
Die Digitalisierung ist nur nachhaltig, wenn sie auch
zur sozialen und ökonomischen Gerechtigkeit bei-
trägt. Potenziell bieten digitale Tools viele Mög-
lichkeiten, um Bürgerinnen und Bürger zu souve-
ränen Akteuren auch im Wirtschaftsgeschehen zu
machen – und damit die Wirtschaft demokratischer
und menschenfreundlicher zu gestalten und die finan-
ziellen Früchte der technologischen Entwicklung
auf möglichst viele Köpfe fair zu verteilen. Auf digi-
talen Plattformen können Menschen beispielsweise
eigens angebaute Tomaten, selbst genähte Kleidung
oder
den
Solarstrom
vom
heimischen
Dach
feilbieten
und damit selbst zu Produzent*innen (bzw. Prosu-
ment*innen) werden; durch Peer-to-Peer-Sharing kann die Abhängigkeit vom Konsum der Produkte
großer Konzerne verringert werden; und das Sharing
von Wissen oder von Nachbarschaftshilfe öffnet
Chancen, auch das Angebot von Dienstleistungen zu
entkommerzialisieren und zu demokratisieren.
Aber in der letzten Dekade haben sich Kapital und
Macht in der digitalen Wirtschaft in den Händen
weniger Konzerne, ja sogar einzelner Menschen kon-
zentriert. Da die Digitalisierung zugleich Arbeits-
plätze wegrationalisiert, weil Robotisierung und
Automatisierung die menschliche Arbeitskraft teil-
weise überflüssig machen, führt dies im Ergebnis zu
einer zunehmenden sozialen Spaltung. Lange nicht
alle Menschen profitieren gleichermaßen von digi-
talen
Geräten
und
Anwendungen:
Nur
wenige
können
die Datenströme anzapfen, um davon zu profitieren,
und manche gehen ohne Jobs leer aus.
‹Techies› und ‹Ökos› sind sich einig: Formen der
Digitalisierung, die weiter den Massenkonsum ankur-
beln, Milliardensummen in die Taschen weniger Kon-
zerne und Menschen scheffeln und dabei einen Über-
wachungskapitalismus aufbauen, der die elementaren
Menschenrechte missachtet, sind sozial nicht zu-
kunftsfähig. Stattdessen sollen Informations- und
Kommunikationstechnologien so eingesetzt und ge-
staltet werden, dass sie möglichst viele Akteure in der
Wirtschaft stärken, die ökonomische Gerechtigkeit
in der Gesellschaft verbessern und den nachhaltigen
Umbau
der
Ökonomie
voranbringen.
Die
kurze
Formel
lautet: Digitalisierung
für die
Demokratisierung!
4. VERNETZT IN DIE VERNETZTE WELT:
NEUE ALLIANZEN FÜR EINE
ZUKUNFTS FÄHIGE DIGITALISIERUNG
Wir haben die ‹Bits
&
Bäume› Konferenz nicht nur
veranstaltet, um zu lernen, zu diskutieren, verbin-
dende Elemente zwischen den Communities zu fin-
den und den siebzigsten Geburtstag der Menschen-
rechte zu feiern. Sondern wir haben auch zwei
weitere wichtige Ziele verfolgt: uns zu vernetzen
und
gemeinsam
politisch
aktiv
zu
werden.
Wir
haben
erfolgreich die Vernetzung von Akteuren, Organisa-
tionen und Communities angestoßen, die bis dahin
nur lose nebeneinanderher gearbeitet haben: auf
der einen Seite die vielfältigen Initiativen der Tech-
und netzpolitischen Szene, auf der anderen Seite die
große Zahl an Akteuren der Nachhaltigkeitsszene,
darunter Umwelt- und Entwicklungs-NGOs sowie
die ange wandte Nachhaltigkeitsforschung. Beide
können viel voneinander lernen – und zusammen
WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Titel
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Untertitel
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Autor
- Anja Höfner
- Herausgeber
- Vivian Frick
- Verlag
- oekom verlag
- Ort
- München
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 152
- Schlagwörter
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Kategorien
- Informatik
- Technik