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VERGLEICH DES ENERGIEVERBRAUCHS
BEI AUSFÜHRUNG EINES
STANDARDNUTZUNGSSZENARIOS
hinzuzufügen, nachdem schon mit der Entwicklung
begonnen wurde. Zudem werden in Nachfolgeversio-
nen Funktionalitäten hinzugefügt, die nicht zur ur-
sprünglichen Softwarearchitektur passen. Dadurch
wird die Software ineffizient.
Ein sehr eindrückliches Bei-
spiel für ‹Feature Creep› ist
die Möglichkeit, im Tabellen-
kalkulationsprogramm Excel
Fotos in eine Tabelle einzu-
fügen. Hier werden zwei völlig
unterschiedliche Anwendungs-
felder, nämlich Ta bellen kalku-
lation und Bildverarbeitung, in
einem Produkt integriert – und
die Effi zienz der Software leidet darunter.
Die Folgen sind dramatisch. Denn Hardware wird
viel zu früh ausgemustert und (nach einer möglichen
Zwischen lagerung in Schubladen) laut dem Umwelt-
programm der Vereinten Nationen zu 90 Prozent il-
legal als Elektroschrott entsorgt (mehr dazu in den
Beiträgen von Langkau & Hilbig sowie Bax & Handke).3
Das bedeutet, dass die Verlängerung der Nutzungs-
dauer der wichtigste Hebel ist, um den ökologischen
Fuß abdruck der Geräte zu reduzieren. Eine Voraus-
setzung dafür ist, dass System- und Anwendungs-
software auch bei fortschreitender Aktualisierung
und Weiterentwicklung auf älteren Geräten lauf-
fähig bleibt.
EINE METHODE ZUR MESSUNG UND
ZUM VERGLEICH VON SOFTWARE
Um die ökologischen Auswirkungen von Software-
produkten zu quantifizieren, hat ein Forschungsteam
des Öko-Instituts, der Hochschule Trier und der Uni-
versität Zürich im Auftrag des Umweltbundesamtes
eine Methodik entwickelt, um die Ressourceneffizienz
von Software systematisch zu untersuchen und zu
vergleichen.4 In dem Forschungsprojekt konnte auf-
gezeigt werden, dass sich Software gleicher Funk-
tionalität in den Nachhaltigkeitseigenschaften stark
unterscheidet. So gibt es deutliche Unterschiede bei-
spielsweise bei der Energie- und Hardwareeffizienz,
Abwärtskompatibilität, Plattformunabhängigkeit, Off-
linefähigkeit und Deinstallierbarkeit sowie bei der
Transparenz der Datenformate und des Quellcodes.
Die Methodik mit insgesamt 25 Kriterien und 76 In-
dikatoren wurde exemplarisch an verschiedenen
Softwareprodukten erprobt, um ihre Anwendbarkeit
zu zeigen. Für die jeweiligen Softwaretypen wurden Szenarien für Standardnutzungen mit einer definier-
ten Abfolge von Befehlen und Nutzerinteraktionen
festgelegt. Dazu gehören zum Beispiel verschiedene
Tasta tureingaben, Datenabfragen oder Speichervor-
gänge, die für die Nutzung des Softwareproduktes
typisch sind.
Der Vergleich zweier Programme zur Textver-
arbeitung zeigt beispielsweise, dass zur Ausführung
des gleichen Szenarios über einen Zeitraum von zehn
Minuten ‹Textverarbeitung 1› einen rund viermal so
hohen Energieverbrauch auf dem lokalen Computer
verursacht wie ‹Textverarbeitung 2› (siehe folgende
Abbildung). Die Unterschiede im Energieverbrauch
können darauf zurückgeführt werden, dass für die
gleiche Aufgabe mehr Rechenleistung beansprucht
und mehr Daten auf die Festplatte geschrieben werden.
Auch der Vergleich dreier Internetbrowser zeigt,
dass Browser einen bis zu dreimal höheren Energie-
verbrauch im Vergleich zu Alternativprodukten ver-
ursachen, obwohl sie die gleichen Internetseiten auf-
rufen. Beim Vergleich des Energieverbrauchs dreier
Content-Management-Systeme (‹CMS›) zur Verwal-
tung von Webseiten sind die Unterschiede beim loka-
len Energieverbrauch nicht ganz so ausgeprägt.
Nicht nur die lokale Hardware wird unterschiedlich
stark beansprucht, auch die übertragene Datenmenge
über das Internet unterscheidet sich bei verschie-
denen Softwareprodukten. Ein Vergleich der drei
Content-Management-Systeme zeigt, dass ‹CMS 1›
rund dreieinhalb Mal so viele Daten wie die beiden
Vergleichsprodukte ‹CMS 2› und ‹CMS 3› überträgt
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Software gleicher
Funktionalität
unterscheidet sich
stark in den
Nachhaltigkeits-
eigenschaften.
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Titel
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Untertitel
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Autor
- Anja Höfner
- Herausgeber
- Vivian Frick
- Verlag
- oekom verlag
- Ort
- München
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 152
- Schlagwörter
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Kategorien
- Informatik
- Technik