Seite - 62 - in WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
Bild der Seite - 62 -
Text der Seite - 62 -
Die Stärke der Automatisierung liegt darin, dass sie
die Rolle der Menschen in den Betriebsabläufen mar-
ginalisiert hat – das macht ihre Arbeitsweise aller-
dings auch schwer verständlich. Die Bauteile moder-
ner dynamischer Systeme arbeiten im Verborgenen,
sie sind also in einer Blackbox eingeschlossen. Die
Automatisierungsdemystifizierungsdiskursmaschi-
ne (kurz: ADDM) ist eine interaktive Installation mit
spielerischen Elementen, die diese Blackbox öffnen
und Zusammenhänge erklären soll. Denn ohne diese
Erklärung offenbart sich nur das Ergebnis, ein mysti-
scher Vorgang, der zumeist Erstaunen hervorruft.
Der Computer ist mitnichten nur ein technisches
System, er ist ein soziotechnisches, da die Bedienung
und der Einsatzkontext mit dem physischen Objekt
auf dem Schreibtisch oder in der Hosentasche verbun-
den ist. Dieses System besitzt unsichtbar arbeitende
Software, die aufgetragene Probleme im Rahmen
ihrer beschränkten Möglichkeiten lösen soll und da-
für nach Protokollen handelt, die zuvor von einem Ex-
pert*innengremium ausgehandelt wurden. Ein Com-
puter ist in jeder Hinsicht dumm, sodass der Begriff
‹Intelligenz› seine Potenziale nicht umschreiben kann.
Er ist dafür aber so schnell im Rechnen, dass er uns als
intelligent erscheint.
Die ADDM macht abstrakte Begriffe rund um
die Automatisierung begreifbar, um einen Diskurs
über Sinn und Zweck von Automatisierungstechno-
Autor*innen: Stefan Ullrich, Reinhard Messerschmidt, Romy Hilbig, Florian Butollo & Diana Serbanescu
Die Automatisierungsdemystifizierungsdiskursmaschine
erklärt spielerisch Algorithmen
ENTZAUBERUNG
VON
IT-SYSTEMEN
logien zu unterstützen. Die ADDM spannt dabei den
Bogen von der Arbeitsteilung bis hin zu der Frage, ob
eine dynamische Maschine auch geistige Tätigkeiten
aus führen kann, die bislang nur Menschen zugetraut
wurden, wie beispielsweise das ‹Lernen›. Sie unter-
stützt uns bei der drängenden Frage, in welcher Ge-
sellschaft wir eigentlich leben wollen. Und falls sich
die Menschheit für eine nachhaltige, inklusive und
auf Menschenwürde basierende Lebensweise ent-
scheiden sollte, möchte die ADDM Hinweise geben,
wie Computersysteme dieser großen Transformation
dienlich sind – und wo Technik sogar gegen diese In-
teressen arbeitet, insbesondere wenn große Firmen
mit großem Budget über diese Techniken verfügen.
Der Aufstieg der GAFAM – der großen Fünf, also
Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft –
ist eine Erfolgsgeschichte auf Kosten anderer und vor
allem der Umwelt. Anfang dieses Jahres schrieb Brian
Merchant auf Gizmodo in seinem Artikel ‹How Google,
Microsoft, and Big Tech Are Automating the Climate
Crisis› darüber, wie große Firmen ihr Know-how da-
für einsetzen, nicht nur die verbleibenden Ressourcen
möglichst profitabel zu fördern, sondern gleichzeitig
auch noch Arbeiter*innen wegrationalisieren.1
Die ADDM möchte die Machtverhältnisse in der
postindustriellen Gesellschaft mit mehreren ‹ernsten
Spielen› dekonstruieren. Diese Spiele sind ernsthaft
in dem Sinne, dass sie nicht einfach nur für den Zeit-
DEBATTENBEITRAG
{///
062
1
1
1
1
1
0
WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Titel
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Untertitel
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Autor
- Anja Höfner
- Herausgeber
- Vivian Frick
- Verlag
- oekom verlag
- Ort
- München
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 152
- Schlagwörter
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Kategorien
- Informatik
- Technik