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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
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} Das gleiche Spiel sehen wir in anderen Sektoren: Theoretisch könnte das Smartphone als Multifunktions- gerät viele andere Geräte ablösen – stattdessen kaufen die Menschen zusätzlich neue internetfähige Fern- seher, intelligente Saugroboter, Bluetooth- kompatible Stereo anlagen, smarte Sicherheitsanlagen und so weiter. Angesichts dieser Dynamiken ist zu fragen: Kann der digitale Kapitalismus trotz bestehender Aus- richtung auf Profitgenerierung und damit auf steigende Absatzzahlen und Wirtschaftswachstum doch noch nachhaltig werden? Sehen wir uns einige Zahlen an. EINE ÖKOLOGISCHE BILANZ DER BISHERIGEN DIGITALISIERUNG Im Zuge der Digitalisierung ist immer wieder von den positiven Effekten einer informationszentrier- ten Ökonomie die Rede, die bestehende nachhaltige Ressourcen effizienter einsetze. Die Zahlen erzählen bisher eine andere Geschichte. Generell kann man die ökologischen Effekte der Digitalisierung in drei Be- reiche teilen: erstens die materielle Basis – die Men- ge der Energie, der Emissionen und der Verbrauch von Ressourcen, die der Digitalisierung zuzuordnen sind. Das ist noch am leichtesten zu schätzen. Bei- spielsweise entfallen inzwischen rund zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs auf die Nutzung des Internets und der Geräte der Informations- und Kom- munikationstechnologien (IKT) – und alle Prognosen sagen, dieser Anteil werde noch steigen.10 Zweitens stehen dem die Energieeinsparungen gegenüber, die durch digitale Tools erreicht werden können. Wie viel Energie kann durch intelligente Robotik in der Indus- trie, durch precision farming, durch smarte Verkehrs- lenkung und so weiter, eingespart werden? Hier sind die Zahlen weniger einfach und klar. Es scheint jedoch sicher, dass die Effizienz steigt. In welchem Ausmaß, ist von Sektor zu Sektor unterschiedlich. Drittens wird die höhere Effizienz für Mehrverbrauch – sprich Wirtschaftswachstum – genutzt und setzt damit Re- boundeffekte frei. Ein Beispiel ist das Streaming (siehe Beitrag von Sühlmann-Faul). Insgesamt sind die ökolo- gischen Auswirkungen der bisherigen Digitalisierung schwer zu messen und am Ende kaum zu bestimmen. Denn die Digitalisierung ist ein historisch einmaliges Phänomen und kann nicht von derzeit stattfindenden anderen Veränderungen getrennt werden. Eines ist jedoch glasklar: Bisher hat die Digitalisierung nicht dazu geführt, dass weltweit der CO2-Ausstoß oder Ressourcenverbrauch gesunken wäre. Ganz im Ge- genteil: Im Zeitalter der Digitalisierung steigen beide weiter an. Damit nicht genug: Um ökologische Ziele zu erreichen, bräuchten wir eigentlich eine rasante Reduktion der Umweltbelastung – davon sind wir im digitalen Zeitalter weit entfernt. KEIN ENDE IN SICHT Die Digitalisierung, wie sie derzeit stattfindet, verän- dert also weder die Grundprinzipien des Kapitalismus noch den Umstand, dass das derzeitige Wirtschaften ökologisch unhaltbar ist. Vielleicht ist der digitale Kapitalismus aus ökologischer Sicht das kleinere Übel. Vielleicht ist eine weitere Ausbreitung von Massen- konsum und westlichem Lebensstil über den Globus mithilfe digitaler Möglichkeiten sogar signifikant umweltgerechter, als sie es auf Grundlage des vor- herigen Kapitalismus gewesen wäre. Allerdings führt diese Gegenüberstellung in die falsche Denkrichtung. Die Digitalisierung bringt keinen neuen Kapitalismus hervor, stattdessen bewirkt sie die Fortsetzung beste- hender Dynamiken. Klar ist jedoch auch: Ökologisch nachhaltig ist das nicht. Auch der digitale Kapitalis- mus ist somit keine ökologische Alternative zum be- stehenden, und die Suche und der Kampf um ein um- weltgerechtes Wirtschaftssystem gehen weiter. DIE AUTOREN /// Timo Daum ist Dozent und Sachbuchautor. Sein Themenschwerpunkt ist Digitaler Kapitalismus. www.2pir.de /// Dr. Steffen Lange arbeitet am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Seine Themenschwerpunkte sind Digitalisierung, nachhaltiges Wirtschaften, Ökologie und Wirtschaftswachstum. https://www.ioew.de/das-ioew/mitarbeiter/dr-steffen-lange/ LITERATUR /// 1 Die Bundesregierung. Digitale Agenda 2014–2017 (2014). /// 2 GeSI & Accenture. Smarter 2030. ICT Solutions for 21st Century Challenges. http://smarter2030.gesi.org/ (2015). /// 3 OECD. OECD Digital Economy Outlook 2015. http://www.oecd-ilibrary.org/science-and-technology/oecd-digital-economy-outlook-2015_9789264232440-en (OECD Publishing, 2015). /// 4 Sander, H. Auf dem Weg zum grünen Kapitalismus? Die Energiewende nach Fukushima (Bertz und Fischer, 2016). /// 5 Loske, R. Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen? Blätter für deutsche und internationale Politik 11, 89–98 (2015). /// 6 Steiner, J., & Graff, A. Kannibalisiert Car-Sharing den ÖPNV? Kommentar in: Lehmann, H. Car-Sharing entlastet den Verkehr kaum: Der Tagesspiegel (2. Februar 2015). /// 7 Hook, L. Uber’s new CEO plans expansion into buses, bikes. https://www.ft.com/content/2d1116d6-120b-11e8-8cb6-b9ccc4c4dbbb (2018). /// 078 1 0 0 1 1 1 0
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET Digitalisierung nachhaltig gestalten
Titel
WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Untertitel
Digitalisierung nachhaltig gestalten
Autor
Anja Höfner
Herausgeber
Vivian Frick
Verlag
oekom verlag
Ort
München
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-SA 3.0
ISBN
978-3-96238-149-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
152
Schlagwörter
Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
Kategorien
Informatik
Technik
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