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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
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schlossen etwa John Deere und AGCO in den vergan- genen Jahren Datenabkommen mit den wichtigsten Saatgut- und Pestizidunternehmen ab, investierten in Big-Data-Plattformen und gingen Partnerschaften mit diversen Drohnen- und Softwareunternehmen ein oder kauften diese teilweise auf. Durch die neu gewonnene Expertise können die Landmaschinenhersteller nun mithilfe von Sensoren an den verkauften Traktoren jeden Quadratzentimeter des Ackers überwachen. Sie wissen genau, welches Saatgut, welche Düngemittel und welche Pestizide verwendet werden und wie die Ernte ausfällt. Sowohl durch dieses wertvolle Wissen als auch durch die zunehmende Konzentration von Marktmacht (der Marktanteil der vier größten Land- maschinenhersteller weltweit ist zwischen 1994 und 2014 von rund 28 Prozent auf fast 54 Prozent an- gestiegen5) erlangen einzelne Agrarkonzerne immer mehr Macht und zunehmenden Einfluss auf die globale Landwirtschaft. Und derzeit ist kein Ende der Konzentrationsprozesse in Sicht. GRAVIERENDE FOLGEN FÜR KLEINBAUERN UND -BÄUERINNEN SOWIE LANDARBEITER*INNEN Während der Fokus großer Agrarkonzerne bisher auf Großbetrieben mit Massenproduktion lag, können mit neuartiger Technik wie Drohnen und angepassten Al- gorithmen nun auch klein teilige Parzellen bearbeitet werden. Die Zielgruppe der Kleinbauern und -bäuerin- nen, die vor allem in Ländern des Globalen Südens nach wie vor den Großteil der Erzeuger*innen aus- machen, kann durch die Digitali- sierung potenziell besser erreicht werden, um letztlich den Absatz der Agrarkonzerne weiter zu steigern. Bayer hat schon heute kleinbäuerliche Erzeuger*innen im Fokus und will ihnen ‹maß- geschneiderte Lösungen› – auch in Form digitaler Technologien – zur Maxi mierung der Ernteerträge anbieten.6 Werden bäuer liche Er- zeuger*innen (gezwungenermaßen) Teil von den vo- raussichtlich nur wenigen digitalen Plattformen wie zum Beispiel ‹Climate FieldView›7, dann bestimmen die Plattformbetreiber faktisch, was angebaut wird, welches Saatgut, welche Düngemittel und welche Pestizide verwendet werden und welche Maschinen zum Einsatz kommen. Denn im Fall von ‹Climate FieldView› hat Bayer deutlich gemacht, dass über die Plattform nur die eigenen Produkte – und nicht etwa die des Konkurrenten – angeboten werden. Außer- dem kooperiert Climate Corporation als Plattform- betreiber neuerdings – zunächst nur in den USA – mit einer Ernte versicherungsfirma und versorgt diese mit aktuellen Daten.8 Mit der Kontrolle der digitalen Platt- formen durch wenige Großkonzerne sowie deren Be- vorzugung von industriellem Saatgut verringern sich die Wahlmöglichkeiten für Bauern und Bäuerinnen, und sie werden stärker in die Abhängigkeit gedrängt. Auch für die Reparatur komplexer digital gesteuerter Landmaschinen werden Bauern und Bäuerinnen zu- nehmend von IT-Expert*innen abhängig sein. Mit dem Einsatz neuer Technologien besteht außerdem die Ge- fahr, dass bäuerliches Wissen und bäuerliche Praxis entwertet werden und verloren gehen. Nicht nur die kleinbäuerlichen Betriebe, sondern auch Landarbei- ter*innen werden immer stärker überwacht. So setzt Cargill etwa Drohnen zur Überwachung von Palm- ölplantagen in Malaysia ein. Cargill gibt vor, dies in erster Linie zu tun, um sicherzustellen, dass keine il- legale Abholzung geschieht. Tatsächlich werden die Drohnen aber auch dazu genutzt, die Arbeitsleistung der Landarbeiter*innen zu überwachen.9 POLITIK UND ZIVILGESELLSCHAFT MÜSSEN AKTIV DIE RAHMENBEDINGUNGEN GESTALTEN Digitale Technologien sollten so eingesetzt werden, dass sie Kleinerzeuger*innen, Arbeitenden in der Land- wirtschaft und Verbraucher*innen zugutekommen. Dafür gibt es vielfältige Möglichkeiten: Kleinbauern und -bäuerinnen könnten sich den erleichterten Infor- mationsaustausch zunutze machen und sich vermehrt untereinander – über Apps und soziale Medien – etwa zu ökologischen Anbaumethoden oder Vermarktungs- möglichkeiten beraten. An anderen Orten können lo- kale Gemeinschaften wie die indigene Guajajara-Com- munity in Brasilien Drohnen nutzen, um Fälle von Landraub oder Abholzung zu dokumentieren und so ihr Territorium zu schützen.10 Doch damit Kleinerzeuger*innen tatsächlich von neuen digitalen Technologien profitieren, müssen strikte Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ihnen und ihren Organisationen den Zugang zu not- wendigen Informationen und die Kontrolle über die Daten gewährleisten und gleichzeitig die Macht gro- ßer Agrar- und Big-Data-Konzerne einschränken. Ein erster geeigneter Versuch könnte der Vorschlag der Internationalen Agrarminister*innen-Konferenz vom Januar 2019 sein: Ein von der Landwirtschafts- und Er- nährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ///<quote> Nicht nur die kleinbäuerlichen Betriebe, auch die Land- arbeiter*innen werden immer stärker überwacht. ///</quote> /// 084 1 0 1 0 1 0 0
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET Digitalisierung nachhaltig gestalten
Titel
WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Untertitel
Digitalisierung nachhaltig gestalten
Autor
Anja Höfner
Herausgeber
Vivian Frick
Verlag
oekom verlag
Ort
München
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-SA 3.0
ISBN
978-3-96238-149-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
152
Schlagwörter
Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
Kategorien
Informatik
Technik
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