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liegenden Potenzial des globalen Austausches, der
Kommunikation und Vernetzung setzt sich der dritte
Forschungsstrang mit der Digitalisierung als feministi-
schem Handlungsraum
auseinander. Etliche
Webseiten und Blogs
haben sich etabliert,
auf denen selbstbe-
stimmt feministische
Politik betrieben wird
und auf denen sich femi-
nistische Communi ties
austauschen. Vor allem
der Hashtag #Aufschrei
(2013) zeigte erstmals,
dass das Medium Inter-
net als Sprachrohr ge-
nutzt werden kann, um gesamtgesellschaftlich breite
Debatten anzustoßen. Allerdings muss in der aktu-
ellen Debatte um feministische Netzpolitiken festge-
stellt werden, dass der Antifeminismus erstarkt und
sich teils aggressiv in sozialen Netzwerken und Kom-
mentarspalten der Onlinemedien zu Wort meldet. Die
Hoffnungen einer ‹entkörperten› Welt jenseits von
Diskriminierung und Geschlecht, die die sogenann-
ten Cyber femi nistinnen Anfang der 1990er-Jahre postulierten, erweisen sich als illusorisch. Die Netz-
neutralität in ‹virtuellen› Räumen ist nicht gegeben,
sondern hängt nach wie vor stark von der Entwick-
lung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse ab.
Die Strukturen der Technik selbst – genauso wie die
sozialen Prozesse, die darauf aufbauen – sind durch
vorherrschende Identitätskategorien wie Geschlecht,
‹race› und Klasse geprägt.9 So bleibt die digitale Welt
ein Abbild der analogen (Macht-)Verhältnisse.
DIGITALISIERUNG, GESCHLECHTERFRAGEN UND
NACHHALTIGKEIT GANZHEITLICH DENKEN
Hieraus schlussfolgern wir, dass eine positive Beglei-
tung der Digitalisierung Geschlechter- und Nachhal-
tigkeitsfragen ganzheitlich berücksichtigen muss. Die
Natur zeigt durch endliche Ressourcen Grenzen auf,
die zu respek tieren sind. Auch die sozialen Grenzen
sind mit ihren geschlechtsspezi
fischen Ausprägungen
zu er kennen und zu beachten. Trotz unserer kriti-
schen Diagnose möchten wir dazu aufrufen, zu einer
reflektierenden und gleichzeitig hoffnungsvollen
Haltung im Umgang mit der Digitalisierung in Ver-
knüpfung mit Gender- und Nachhaltigkeitsfragen zu
kommen und diese strategisch zu nutzen. Noch sind
Gestaltungsspielräume vorhanden. Nutzen wir sie mit-
hilfe kluger Analysen und entschlossenem Handeln.
DIE AUTORINNEN
/// Dr. Judith Christine Enders ist Politikwissenschaftlerin, freiberufliche Sozialwissenschaftlerin und Dozentin an der Alice-Salomon-Hoch-
schule Berlin mit den Schwerpunkten Gender, Internationale Beziehungen und Nachhaltigkeit. Sie ist Mediatorin und systemischer Coach
sowie Mitbegründerin der Initiative ‹Dritte Generation Ostdeutschland› und des Vereins ‹Perspektive hoch 3 e. V.›.
https://www.ash-berlin.eu/hochschule/lehrende/lehrbeauftragte/dr-judith-c-enders/
/// Amanda Groschke ist freiberufliche Sozialwissenschaftlerin, Familien- und Organisationsaufstellerin und Dozentin an der Alice- Salomon-
Hochschule Berlin. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Auseinandersetzung von Gestaltungsspielräumen für gesellschaftlichen Wandel. Ihr
Fokus in der Lehre umfasst Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE), Nachhaltigkeit, Ästhetische Forschung sowie Medienkompetenz.
www.amanda-groschke.de
LITERATUR
/// 1 Enders, J. C., & Groschke, A. Die Idee der Verantwortung als Voraussetzung für den Erfolg von BNE – Bildung für Nachhaltige Entwicklung
im Spiegel von Verantwortungsethik und Handlungsfähigkeit bei Max Weber und Hans Jonas. In: Bildung für Nachhaltige Entwicklung.
Interdisziplinäre Perspektiven. Sozialwissenschaftliche Forschungswerkstatt (Hrsg. Brodowski, M.) Bd. 4, 33–58 (Logos, 2017).
/// 2 Enders, J. C., & Groschke, A. Medien und Geschlechterverhältnisse – Frauen als Schlüsselfiguren in der digitalen Transformation (i.E.).
/// 3 Oliveira, D. Gender und Digitalisierung. Wie Technik allein die Geschlechterfrage nicht lösen wird. Working Paper Forschungsförderung 37
(Hans Böckler Stiftung, 2017).
/// 4 Hörner, U. 1919 – Das Jahr der Frauen (Ebersbach & Simon, 2018).
/// 5 Carstensen, T., et al. (Hrsg.) care | sex | net | work. Feministische Kämpfe und Kritiken der Gegenwart (Unrast, 2016).
/// 6 Ahlers, E., et al. Genderaspekte der Digitalisierung der Arbeitswelt. Reihe: Arbeitspapier, Bd. 311 Düsseldorf. (2018).
/// 7 Ulmi, N. Wikipédia fait-elle fuir les femmes? Une conférence et des ateliers pour combler le ‹gender gap›. Le Temps.
https://www.letemps.ch/societe/wikipedia-faitelle-fuir-femmes (28. September 2015).
/// 8 Voss, G. The Second Shift in the Second Machine Age: Automation, Gender and the Future of Work. In: Our Work here is Done –
Visions of a Robot Economy, Hrsg: Westlake. S. (Nesta, 2014).
/// 9 Freudenschuss, M. Digitalisierung: Eine feministische Baustelle – Einleitung. Femina Politica – Zeitschrift für feministische Politik-
wissenschaft 2 (2014).
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Die Strukturen
der Technik selbst –
genauso wie die
sozialen Prozesse,
die darauf aufbauen –
sind durch vor-
herrschende Identitäts-
kategorien wie
Geschlecht, ‹race›
und Klasse geprägt.
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Titel
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Untertitel
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Autor
- Anja Höfner
- Herausgeber
- Vivian Frick
- Verlag
- oekom verlag
- Ort
- München
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 152
- Schlagwörter
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Kategorien
- Informatik
- Technik