Seite - 411 - in Botanik und Zoologie in Österreich - In den Jahren 1850 bis 1900
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Geschichte der Zoologie. 411
in Josef Russeggers berühmtem Reisewerke „Reisen in Europa, Asien und
Amerika", mit drei Anhängen, und zwar a) „Die Fische Persiens, gesammelt
von Kotschy", 1847; b) „Die Fische Egyptens" und c) „Die fossilen Fische
des Libanon", 1849 (Nr. 58). Diese Abhandlungen sind wohl als Quellen-
werke ersten Ranges zu betrachten und insbesondere die Grundlage unserer
Kenntnis der Süsswasserfische der asiatischen Türkei.
Die dieser in systematischer Beziehung epochemachenden Abhandlung gewisser-
masseu als Einleitung beigegebenc „Dispositio systematica familiae Cyprinorum" (S. 1013—
1043) ist trotz mancher Schwächen, die wohl jeder erste Versuch — noch dazu bei sehr
lückenhafter Kenntnis der Cypriniden zu Heckeis Zeiten— aufweist, von grossem Ein-
flüsse auf die systematische Anordnung dieser so überaus arten- und gattungsreichen
Familie geblieben. Heekel wies in dieser „Dispitio" auf die Bedeutung der Schhmd-
zähne als Unterscheidungsmerkmale der Cyprinidengattungen hin, bemerkt jedoch ausdrück-
lich (S. 999), dass er weit entfernt sei, sein System für vollständig und abgeschlossen zu
halten, und hebt früher noch hervor (S. 993), dass nach diesem System manche harte
Trennung ganz nahe verwandter Gestalten unvermeidlich sei. Wenn nun auch zweifellos
die Form und Anordnung der Schlundzähne im allgemeinen zur natürlichen Gruppierung
der Cyprinidengattungen zu höheren Einheiten nicht benützt werden kann und darf, ist
sie doch gewiss für die Unterscheidung der Gattungen mit wenigen Ausnahmen als eines
der wichtigsten systematischen Merkmale anerkannt geblieben.
Von den grossartigeu ichthyologischen Sammlungen brasilianischer Süss-
wasserfische, welche Johann Natterer dem Wiener Museum übergeben hatte,
bearbeitete Heekel nur die hochinteressante Familie der Ckhlidae und ver-
öffentlichte die Resultate seiner hierauf bezüglichen umfassenden Studien unter
dem Titel „Joh. Natterers neue Flussfische Brasiliens, I. Abth., die Labroiden",
S. 325—470 (Nr. 11); im Anhange zu dieser Abhandlung sind ferner noch
Sciaenas quamosissima und 3IonocirrJms (n. g.) polyacarülms n. sp. beschrieben.
Zu den interessantesten kleineren Abhandlungen Heckeis gehört wohl
die über „Eine neue Gattung von Foecilien mit rochenartigem Anklamme-
rungsorgane" (Nr. 13), welche er Xiphophoms nannte und in drei Arten nach
zahlreichen Exemplaren beschrieb, welche Karl Heller in der Nähe der
Banos, sechs spanische Meilen unterhalb Mirador in einem Gebirgsbache des
Orizaba gesammelt hatte.
Im Jahre 1853 endlich gab Heekel eine ausführliche, mustergiltige
Beschreibung des seltenen Gymnarchus nüoticus, über dessen Aeusseres bis-
her ausser Cuviers kurzen Andeutungen nichts Näheres bekannt geworden
war (Nr. 27).
Die hohe Bedeutung einer genauen Kenntnis der fossilen Ueberreste und
deren genetischen Zusammenhang mit den Formen der Gegenwart wohl er-
kennend, zog Heekel, nachdem er einen Ueberblick über die recenten Fische
gewonnen hatte, auch die fossilen Fische, und zwar mit besonderer Vorliebe,
in den Kreis seiner Forschungen ein und seine zahlreichen mehr minder um-
fangreichen Abhandlungen über die ausgestorbenen Fische gehören wohl zu
den gediegensten ihrer Art und tragen sämmtlich das Gepräge jener Gründlich-
keit, die allen Arbeiten Heckeis eigenthümlich ist.
Ohne dem Ruhme und der Genialität L. Agassiz' im geringsten nahetreten zu
wollen, kann man wohl die Bemerkung nicht unterdrücken, wie vortheilhaft es dem grossen
Schweizer Gelehrten gewesen wäre, wenn er bei Herausgabe seines weltberühmten Werkes
über die fossilen Fische einen Heekel als Berather zur Seite gehabt hätte.
Botanik und Zoologie in Österreich
In den Jahren 1850 bis 1900
- Titel
- Botanik und Zoologie in Österreich
- Untertitel
- In den Jahren 1850 bis 1900
- Autor
- Alfred Hölder
- Herausgeber
- K. K. ZOOLOGISCH-BOTANISCHEN GESELLSCHAFT
- Ort
- Wien
- Datum
- 1901
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.3 x 24.0 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Naturwissenschaften Biologie