Seite - 21 - in Bühne und Kostüme
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Graz, Landeshauptstadt und Kulturzentrum der Steiermark — ohne
adäquate Schauspielstätten unvorstellbar! nicht erst heute denkt
man so, die steirischen Landstände taten es schon in den 1770er
Jahren und ließen nach Plänen des damals vielbeschäftigten
Architekten Joseph hueber im ehemaligen hofgarten 1775/76
ein neues Theater errichten, weil ein Theaterholzbau am Tum-
melplatz nicht mehr entsprach. Der spätbarocke neubau stand
damals in verbautem Gebiet und richtete seine hauptfassade
zur hofgasse aus, denn der Freiheitsplatz existierte noch nicht.
Das Theater funktionierte schon fast fünfzig Jahre als es am 25.
Dezember 1823 einem Brand zum Opfer fiel. Heute würde man
so ein brandopfer wohl rückbauen. nicht aber im 19. Jahrhun-
dert, weniger aus Sentimentalität als aus ökonomischen Gründen
wurde die räumliche Grundkonzeption unter einbeziehung der
Außenmauern beibehalten, der architektonische Charakter aber
in den zwischenzeitlich aktuellen Klassizismus transformiert.
nunmehr mit zwei hauptfassaden, weil zeitgleich die Anlage
des Freiheitsplatzes in Angriff genommen wurde. Zwischen April
1824 und oktober 1825 zog man das neue Theater unglaublich
schnell hoch und schuf damit jene markante ostseitige begren-
zung des kurz nach seiner entstehung 1840 als schönster von
Graz titulierten Platzes, die wir beinahe unverändert kennen.
heute noch beeindruckt der zurückhaltend gestaltete Freiheits-
platz mit seiner einheitlichen, fast geschlossen spätklassizis-
tischen und biedermeierlichen verbauung. Sein name hängt
übrigens auch mit dem Theater zusammen, wurde doch 1918
von dessen balkon die republik verkündet. 1952 musste das
Schauspielhaus aus Sicherheitsgründen gesperrt werden, erst
nach Adaptierung und erweiterung um das bühnenhaus durch
Franz Klammer wurde es 1964 wiedereröffnet. Dem folgten noch spätere erweiterungen und veränderungen, die sich im inneren
und hofseitig ablesen lassen. Städtebaulich ist jedenfalls wesent-
lich, dass das Schauspielhaus seit fast zwei Jahrhunderten die
Grazer Altstadt markant mitprägt und auch im bewusstsein der
Grazer*innen fest verankert ist.
Funktionell entspricht es vielleicht nicht mehr vollständig heuti-
gen räumlichen Anforderungen mit mehreren bühnen. even-
tuell stehen auch neue repräsentativere erschließungszonen,
verkehrstechnische erreichbarkeiten oder ähnliches auf der
wunschliste der vereinigten bühnen. ein „natürlicher“ Prozess
auf der zeitschiene, in dem jede epoche versucht, ihre funktionel-
len Ansprüche und bau-
künstlerischen vor-
stellungen in einen
historischen bestand zu
implementieren, diesen
damit weiterzubauen.
Das als Lehrveranstal-
tung für Architekturstu-
dierende konzipierte Projekt „entwerfen 3 — bühne & Kostüme“
ist hier also ein legitimes herangehen an eine ganz konkrete
Problematik für den Theaterbetrieb. nichts besseres konnte
dabei den Teilnehmer*innen passieren, als sich mit einer nicht
nur fiktiven, sondern tatsächlich existierenden Planungsaufga-
be von der Grundidee bis zur planlichen umsetzung möglichst
auf einreichstadium zu befassen. Gerade so, als würden sie an
einem Architekturwettbewerb teilnehmen, den nur der entwurf
gewinnen kann (oder soll), der in allen Aspekten, vom städte-
baulichen, architektonischen bis funktionellen und wirtschaftlich
vertretbaren, am besten entspricht, der von Jurymitgliedern al-
(...) ein städtebaulich und architektonisch schwer-
gewichtiges umfeld, geringer zur verfügung ste-
hender raum, notwendiges eingehen auf den um-
gebenden Baubestand mit seinen Freiflächen, nicht
nur auf das Schauspielhaus per se, sondern auch
auf die benachbarten Gebäude der burg, den Dom,
die Alte universität, die beziehungen der bauwerke
zueinander, (...)
Aus der Sicht eines Denkmalpflegers
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Buch Bühne und Kostüme"
Bühne und Kostüme
- Titel
- Bühne und Kostüme
- Herausgeber
- Petra Simon
- Elemer Ploder
- Martina Thaller
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-763-2
- Abmessungen
- 24.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 124
- Kategorie
- Kunst und Kultur