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Geißler100
Professionsmodell, das neoliberalistische Marktmodell oder die von Ulrich
Oevermann entwickelte Professionalisierungstheorie zugrunde legt.
Die Bedeutung der modernen Medien für die Professionalität von
Coachingausbildungen im Lichte des klassischen Professionsmodells
Das klassische Professionsmodell fokussiert auf staatlich geschützte Professio-
nen als »fachspezifische Expertengruppen, die wissenschaftsbasierte Sonder-
wissensbestände entwickeln und verwalten sowie zur Lösung gesellschaftlich
als wichtig anerkannter ›lebenspraktischer Probleme‹ (Oevermann, 1996) bei-
tragen« (Fietze, 2015, S. 4). Vertreten durch ihre Berufsverbände, beanspruchen
sie einen Exklusivitäts- und Autonomiestatus, der sie von anderen Berufs-
gruppen unterscheidet (Stichweh, 1994).
In diesem Modell ist Professionalisierung ein kollektiver, das heißt inter-
personeller und interorganisationaler Lernprozess, dessen Subjekt eine Allianz ist,
in der die Mitglieder einer Profession, ihre Berufsverbände und entsprechende
staatliche Institutionen zusammenarbeiten. Das Anliegen dieses Kollektivsubjekts
ist es, gemeinsam eine gesellschaftliche Nische zu definieren, zu gestalten und zu
verteidigen, die den Professionsmitgliedern einen exklusiven Zugang zu attrak-
tiven Ressourcen, vor allem Geld, Verfügungsgewalt und Ansehen, garantiert,
sie dabei gleichzeitig aber auch an Regelungen bindet, welche die Interessen
der Gesellschaft vertreten.
Auf dieser Grundlage stellt sich professionsintern die Lernaufgabe, die
Außenbeziehungen der Profession, das heißt den Konkurrenzkampf mit anderen
Professionen, erfolgreich zu managen, was allerdings nur gelingen kann, wenn
in der Innenbeziehung zwischen ihren Mitgliedern, die natürlich untereinander
auch in Wettbewerb stehen, »Burgfrieden« herrscht.
Schaut man, ausgehend von diesem Modell, auf Coaching und Coachingaus-
bildungen, fällt auf der einen Seite der Zuwachs an wissenschaftlichen Studien
zum Coaching auf (z. B. Bachkirova, Spence & Drake, 2017) und auf der ande-
ren Seite, dass diese sich nur marginal auf Coachingausbildungen beziehen (vgl.
dazu den Überblick bei Klenner, 2017). Letzteres ist insofern erstaunlich, als
Berufsausbildungen im klassischen Professionsmodell eine zentrale Bedeutung
haben. Denn sie fungieren sozusagen als Transmissionsriemen, der den aktu-
ellen Forschungsstand über Studien- und Prüfungsordnungen vermittelnd in
die Praxis transportiert.
Noch wesentlicher als dieses Defizit aber ist, dass es den Berufsverbänden
bisher nicht gelungen ist, klare, allgemein verbindliche Vorstellungen darüber zu
entwickeln, welche Tätigkeiten für Coaching konstituierend sind (Fietze, 2015),
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
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Coaching im digitalen Wandel
- Titel
- Coaching im digitalen Wandel
- Herausgeber
- Robert Wegener
- Silvano Ackermann
- Jeremias Amstutz
- Silvia Deplazes
- Hansjörg Künzli
- Annamarie Ryter
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-40742-0
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 166
- Kategorie
- Technik