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72 WarderCoronavirus-Lockdownnotwendig?
DerLockdownhingegen istmitÄngsten inandererHinsicht verbunden.
Zunächst verlangt die soziale Isolation ungewohntes Verhalten ab, das psy-
chisch belastend sein kann.Dann kommen aber auch Sorgen umdiewirt-
schaftliche Zukunft hinzu und schließlich eine gewisseMüdigkeit, sich an
dieRestriktionenundVerhaltensregelnzuhalten,diedemgewohntenLeben
zuwiderlaufen. IngewisserWeise folgtderKurveder Infektionsepidemiolo-
gie eineKurve»emotionalerEpidemiologie« [218].SteigendeFallzahlensind
mitmehrAngstassoziiert,sinkendeFallzahlenreduzierendieAngstundfüh-
renzueinemÜberdrusshinsichtlichRestriktionen.AusallendiesenGründen
müssendiepsychologischenFaktorenfürdieImplementierungsowiefürLo-
ckerungenvonRestriktionenberücksichtigtwerden.
4.1 ExponentiellesWachstum–DiekognitiveÜberforderung
Epidemien erzeugen eine erhebliche emotionale Komponente in Form von
AngstundUnsicherheit.Esgibtjedochaucheinennichtzuunterschätzenden
kognitivenAnteil.EpidemienundPandemien–dashatauchdieCoronavirus-
Pandemieerneutgezeigt–sindnurschwerzubegreifen.EsgabFehleinschät-
zungen allerOrten, angefangen vondemVersuch,dasGeschehen als Influ-
enzazubehandelnbishinzudenPrognosenvonInfektionsfällenundTodes-
fällen.DiesePrognosen lagenteilsdeutlichnebendem,wasdannimVerlauf
wirklichgeschah.Wirhabenes–auchdaswurdeschonangedeutet–mitei-
nemerkenntnistheoretischenProblemzutun,undeinerheblicherTeildieses
ProblemsistdasVerständnisderSituationundderabsehbarenEntwicklung.
Epidemienbzw.PandemienreproduzierensichabeinemgewissenZeitpunkt
exponentiell,was indenMedien, inderPolitikund inderWissenschaftmit
denzuvorbereitsausführlicherläutertenIndikatorenderReproduktionszahl
oder derVerdopplungszeit kommuniziertwird.Menschenhaben allerdings
Schwierigkeiten, das exponentielleWachstum der Infektionsfälle in seiner
Bedeutungzuerfassenundsichentsprechendzuverhalten,unddies,obwohl
die grundsätzliche Problematik denmeistenMenschen durchaus verständ-
lich zumachen ist [219].Dieses ›urmenschliche‹ Problem ist seit Jahrzehn-
ten inderPsychologie bekannt [220]. Statt derNicht-Linearität desWachs-
tumsderFallzahlenwirdgewissermaßen intuitivaufein linearesWachstum
gesetzt,wodurch die Fallentwicklungweitausweniger gefährlich erscheint.
GemeinsammitanderenpsychologischenFaktorenwiederSelbstüberschät-
zungkanndieUnterschätzungdes exponentiellenWachstumsein zentrales
War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Titel
- War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
- Untertitel
- Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Autor
- Dirk Richter
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefelfd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5545-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 192
- Schlagwörter
- Corona, Pandemie, Covid, Corona, Lockdown
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
- Medizin