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78 WarderCoronavirus-Lockdownnotwendig?
zuinfiziertenPersonensinddabeibesondereRisikofaktorenfürpsychischen
Probleme.
Bei den psychischen Reaktionen ist immer zwischen kurzfristigen und
längerfristigen Folgen zu unterscheiden. In der psychiatrischenDiagnostik
wird in diesemZusammenhang etwa zwischen (kurzfristigen) Anpassungs-
störungenund längerfristigenTraumafolgendifferenziert [240].Eine ähnli-
cheUnterscheidung ist auch bei denReaktionen auf Epidemien angezeigt.
Wie zahlreicheUntersuchungen aus früherenEpidemienundausdem Jahr
2020gezeigthaben,istdieakuteBelastungaufeinsolchesEreignisoftdeut-
lich in FormvonAngst undDepression zu spüren. Schondie ersten Studi-
en ausChina aus der Zeitmit hoher Infektionszahlmachten deutlich, dass
sich etwadieHälfte derBevölkerung erheblich verunsichert bis belastet ge-
fühlthat[241].EinerelativfrüherstellteMeta-Analyse(einestatistischeAnaly-
semehrererVeröffentlichungen)mitStudien,dieebenfallsüberwiegendaus
Chinastammten,ergabPrävalenzratenvonüber30ProzentderBevölkerung
jeweils fürAngstundDepression [242].Es ist davonauszugehen,dassdiese
Zahlen gegenüber derZeit vor derEpidemie erhöht sind.Es scheint jedoch
UnterschiedezwischenverschiedenenLändernzugeben,diemöglicherwei-
se auf verschiedeneBefragungsmethodenund -instrumente,möglicherwei-
se aber auch auf die Umstände in den jeweiligen Ländern zurückzuführen
sind.Während eine Studie ausGroßbritannien lediglich eine leicht erhöhte
Belastung zeigte [243],war diese in einer Bevölkerungsstudie in denVerei-
nigten Staaten sehr ausgeprägt [244].DieUnterschiede zwischen den Län-
dern kamen auch in einer so genannten Sentiment-Analyse vonMillionen
Twitter-Nachrichten zumVorschein [245]. Demnach sank vor allem in Ita-
lienundFrankreichnachdemLockdowndieStimmungdrastisch,während
sie sich etwa inDeutschland nur gering veränderte.Diesmag zumTeil an
verschiedenenausgeprägtenemotionalenKulturen liegen,zumanderenver-
mutlichaber auchandenvergleichsweisegeringeren sozialenRestriktionen
inDeutschland. Jedoch ist es nicht allein die psychische Belastung,welche
zugenommenhatunterdemakutenEindruckvonPandemieundLockdown.
Gleichzeitig, so eineUntersuchungausNeuseeland, stiegmitderBelastung
dasVertrauenindiePolitikunddieWissenschaft [246].Allerdings istdieAn-
zahlderStudien,dieVergleichemitderZeitvorderPandemieerstellthaben,
sehrbegrenzt,sodassbiszumSommer2020nichtwirklichbeurteiltwerden
konnte,wie sehr sich dasErlebender Pandemie auf die psychischeBefind-
lichkeit ausgewirkthat.
War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Titel
- War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
- Untertitel
- Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Autor
- Dirk Richter
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefelfd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5545-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 192
- Schlagwörter
- Corona, Pandemie, Covid, Corona, Lockdown
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
- Medizin