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102 WarderCoronavirus-Lockdownnotwendig?
Medien erfolgte sicher größtenteils aus Überzeugung, vielleicht aber auch,
weil die schnelle EntwicklungderThematik denWissensstand vonMedien-
schaffendenüberstieg.Sowurdeetwakritischangemerkt,dassdieStatistik-
KompetenzimJournalismusnichtsonderlichausgeprägtseiunddahervieles
direkt–undunhinterfragt–ausderWissenschaftübernommenwordensei
[335].UndbestimmthabendieMedienauchzurStimmungwährendderPan-
demiebeigetragen–denBildernausBergamokonntesichkaumjemandent-
ziehen.Dieswarbesondersauffällig indenBoulevard-Zeitungenund inden
Gratisblättern der Schweiz [316]. Zweifel bestehen jedoch an demVorwurf,
damit sei unnötige Angst geschürt worden.Die Sorgen vor einer Entwick-
lungwie in ItalienwarenauchnördlichderAlpennichtunbegründet,zumal
eseinegeografischeNähezurLombardeigab.
Zusammenfassendkannfestgehaltenwerden,dassnachderWissenschaft
auch die konventionelle Publizistik mit ihrem Framing durchaus die Not-
wendigkeit des Lockdownsbejahteund sich stützend fürBehördenundRe-
gierungenbemerkbarmachte. Inden sozialenMedienwurde ebenfalls eher
eineunkritischeSicht vertreten,wenngleichhierdieLockdown-Kritikdeut-
lich präsenterwar.Die gesamteEinschätzunggilt auf jedenFall für Länder
wieDeutschlandoderdieSchweiz, indenendiePandemieundihreBekämp-
fungsmaßnahmen beiWeitemnicht so politisiert wurdenwie etwa in den
VereinigtenStaaten.Obpolitisiertodernicht,daspolitischeSystembraucht
diemedialeAufmerksamkeithinsichtlichderPandemie,vorallem,umzuer-
kennen,wieesselbstunddieMaßnahmengeradeinderÖffentlichkeitbeob-
achtetwerden.
DasistdieFunktiondesmedialenSystemsindermodernenGesellschaft,
genauer gesagt liegt sie »…imDirigierender SelbstbeobachtungdesGesell-
schaftssystems« [297: 173] undder Teilsystemewie der Politik.Werden bei-
spielsweiseGrenzschließungenindenMediengefordertoderaberLockerun-
gen der Restriktionen als notwendig betrachtet, so wird dies automatisch
zu einemThemader Politik – selbst,wenn es das zuvor nichtwar. In einer
empirischenStudiemit gesundheitsbezogenenAbfragenausGoogle konnte
dies indirektgezeigtwerden.EinegroßeöffentlicheAufmerksamkeit führte
zudeutlichmehrnicht-pharmakologischenInterventionendurchdiePolitik,
unddiesselbst,wennfürdieFallzahlenvonInfektionenundTodesfällenkon-
trolliertwurde. Länder, in denen eine großeöffentlicheAufmerksamkeit zu
erkennenwar,wiedieSchweiz, implementiertendenLockdownnacheinem
erstenpositiven Infektionstest schneller als Ländermit einer geringenAuf-
merksamkeit,beispielsweiseFrankreichoder Italien [336].
War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Titel
- War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
- Untertitel
- Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Autor
- Dirk Richter
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefelfd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5545-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 192
- Schlagwörter
- Corona, Pandemie, Covid, Corona, Lockdown
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
- Medizin