Seite - 8 - in Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
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der vielfach unterbunden wurde, was aus einer ganzheitlichen Sichtweise
von Gesundheit und Krankheit doch problematisch war. Immer wieder
regte sich die allgemeinere Frage, wie weit nackte Infektions- und Virusre-
produktionszahlen alles andere dominieren dürfen. Hinter den immer
stärker werdenden Protesten gegen die Shutdown-Maßnahmen stehen si-
cher nicht nur deren ohnehin stark diskutierten Auswirkungen auf die
Wirtschaft, sondern auch die Frage, wie weit das gelebte Leben der Men-
schen längerfristig unterdrückt werden kann, um Infektionszahlen maxi-
mal zu senken: Wir leben nicht einfach nur, um biologisch am Leben zu
sein, sondern wollen leben, um Leben entfalten und genießen zu können.
Der richtige Umgang mit dieser Frage wird im Übrigen auch mitbestim-
men, wie weit die Solidarität zwischen den verschiedenen gesellschaftli-
chen Gruppen hält, die unterschiedlich durch Corona betroffen sind.
Die Corona-Krise kann als eine kollektive traumatische Erfahrung be-
zeichnet werden, die wie alle Krisen ambivalent ist, weil sie nicht nur dra-
matisch in Gewohntes eingreift und zu einem Stillstand führt, sondern zu-
gleich neue Chancen eröffnet. Auch dies wurde in den letzten Wochen
und Monaten vielfach angesprochen und diskutiert.
All dem nachzugehen war das angestrebte Ziel der Herausgeber dieses
Sammelbandes. Denn angesichts der vielen Polarisierungen und emotiona-
lisierten Debatten wie auch angesichts der immer wieder sichtbar werden-
den Unsicherheit im Umgang mit den sogenannten „Fakten“ drängt sich
mit Vehemenz die Notwendigkeit einer möglichst raschen und soliden Re-
flexion auf. Diese muss auf sorgsame Weise Versäumnisse und blinde Fle-
cken aufdecken, hat aber gleichzeitig auch dasjenige zu würdigen, was in
der Krise, unter Bedingungen rascher Handlungszwänge und eines oft
mangelhaften Wissens, richtig gelaufen ist. Diesem Anliegen versuchen die
Beiträge des vorliegenden Bandes in einer breiten, multidisziplinären Per-
spektive gerecht zu werden.
Da eine solche Reflexion möglichst rasch erfolgen muss, um für etwaige
weitere Wellen von Covid-19 gerüstet zu sein, wurde Wert auf eine mög-
lichst zeitnahe, unmittelbare Reflexion über die Geschehnisse im Rahmen
der Pandemie gelegt. Dies prägt den Stil mancher Beiträge. Es war daher
auch nicht möglich, alle relevanten Problemfelder in diesem Band anzu-
sprechen, z. B. werden manche Leserinnen und Leser epidemiologische
und ökonomische Analysen vermissen. Was hier vorliegt, versteht sich da-
her als ein – wenn auch wichtiger – Ausschnitt an Perspektiven und damit
als Diskussionsbeitrag innerhalb eines umfassenderen Diskurses, der aktu-
ell zu führen ist.
Einleitung
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik