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rüber entscheiden können, wer auf die Intensivstation aufgenommen und
wer verlegt wird“ (Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissen-
schaften 2020, 7).
Zur Frage der Rechtssicherheit von Entscheidungen, die mit gültigen
Rechtsnormen nicht gerechtfertigt werden können, verweist die Österrei-
chische Bioethikkommission auf einen von der Gesellschaft und Rechtsge-
meinschaft anzuerkennenden entschuldigenden Notstand (Österreichische
Bioethikkommission 2020). Der Deutsche Ethikrat gibt zur Frage der
Rechtssicherheit den Hinweis, dass unter den Voraussetzungen einer
ethisch begründeten, transparenten und den fachgesellschaftlichen Kriteri-
en folgenden Entscheidung, mit der entschuldigenden Nachsicht der
Rechtsordnung zu rechnen sei (Deutscher Ethikrat 2020). Dazu ist wohl
anzumerken, dass diese Statements zwar eine wertvolle Unterstützung für
jene Ärztinnen und Ärzte bedeuten, die in der Katastrophensituation Ent-
scheidungen treffen werden müssen, jedoch das Dilemma der fehlenden
Rechtssicherheit nicht auflösen können.
Fazit
Die Stellungnahme der Österreichischen Bioethikkommission stellt vor al-
lem für intensivmedizinische Entscheidungen im Kontext der Covid-19-
Pandemie eine wertvolle Orientierungshilfe dar. In der Beschreibung mög-
licher Eskalationsstufen des Ressourcenmangels in einer Pandemie-
Situation liegt ein wesentlicher Fokus auf der Frage, wie das kaum auflös-
bare Dilemma von Triage-Entscheidungen vermieden werden kann. Zu-
sammengefasst lautet die Antwort darauf, indem die Prinzipien einer an
sorgfältiger Indikationsstellung, Patientenbenefit und Patientenwille und
nicht alleine am technisch Machbaren ausgerichteten Medizin, konse-
quent angewendet werden. Gleichzeitig ist aber auch die Gesellschaft in
die Verantwortung zu nehmen, die nicht zuletzt mit der Befolgung der
Maßnahmen der Infektionsprophylaxe ihren Beitrag leisten muss. Falls
Triage-Entscheidungen trotzdem unvermeidbar wären, zeigt die Stellung-
nahme dafür notwendige Kriterien auf. Weiters weist die Bioethikkommis-
sion auf die gesellschaftliche Verpflichtung hin, für diese auch rechtlich di-
lemmatischen Situationen einen entschuldigenden Notstand für die ent-
scheidenden Ärztinnen und Ärzte anzuerkennen. Im Vergleich aktuell pu-
blizierter deutschsprachiger Empfehlungen zur (vor allem intensivmedizi-
nischen) Ressourcenallokation während der Covid-19-Pandemie ist eine
hohe Übereinstimmung in grundsätzlichen Fragestellungen vorhanden.
4. Rationalisierung vor Rationierung
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik