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medizinische Personal. Denn bereits der Antransport aus dem nahegelege-
nen Ausland wurde zum Problem. Der Lieferstopp bereits bestellter Medi-
zinprodukte aus der Bundesrepublik Deutschland wurde bekanntlich da-
mit begründet, dass man die Schutzausrüstungen für das eigene medizini-
sche Personal benötige, was zeigt, dass in der Krise sich jeder selbst der
Nächste ist.
Dass Ähnliches sich bei der Lieferung bzw. dem Verfügung-Stellen von
Medikamenten ereignet hätte, ist nicht bekannt. Dennoch ist es durchaus
denkbar, dass auch Medikamente Mangelware werden. Der entscheidende
Grund dafür liegt darin, dass – aus ökonomischen Überlegungen – die
Produktion von Medikamenten bzw. die Herstellung der Grundstoffe, die
zur Produktion benötigt werden, vielfach in asiatische Staaten ausgelagert
wurde. Im Rahmen einer kriegerischen Auseinandersetzung bzw. einer
pandemischen Infektion wäre es dann durchaus denkbar, dass auch drin-
gend benötigte Medikamente Mangelware werden könnten. Vergleichba-
res gilt auch für die erforderliche Durchführung klinischer Studien, die
zur Einführung von Medikamenten notwendig sind und die ebenfalls viel-
fach nicht mehr in Europa, sondern z.B. in Asien durchgeführt werden. Es
geht dabei nicht um Zweifel an der Korrektheit des Studiendesigns, son-
dern darum, dass Zulassungen dieser Medikamente in Europa entweder
überhaupt nicht oder nur sehr zeitverzögert möglich sind, wenn die ent-
sprechenden Studien nicht vorliegen18.
Man sollte daher die Corona-Pandemie zum Anlass nehmen, aus gesell-
schaftspolitischen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen zu überlegen,
die Produktion von Grundstoffen, die man für die Herstellung von Medi-
kamenten benötigt, aber auch die Produktion von Medizinprodukten, die
für die Aufrechterhaltung der Gesundheit im Sinne von Prävention und
Behandlung erforderlich sind, wiederum stärker nach Europa zu verlegen.
Europa war einmal mit an der Spitze, was die innovative Produktion von
Medikamenten und Medizinprodukten betrifft. Es gibt keinen Grund –
außer Gewinnstreben –, dass dies in Zukunft nicht wieder möglich wäre.
Knappe Ressourcen im klinischen Alltag
Die Diskussion um Sichtung und Triage verliert ihre gegenwärtige Brisanz
im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie, wenn man bedenkt, dass
wertende Entscheidungen in der Behandlung kranker Menschen von Ärz-
4.
18 Vgl. Laslop, Arzneimittelmarkt und Gerechtigkeit.
Wolfgang Kröll
112
https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik