Seite - 7 - in Das Schloss
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Rückenlage zurück. Er sah die Bauern scheu zusammenrücken und sich
besprechen, die Ankunft eines Landvermessers war nichts Geringes. Die Tür
der Küche hatte sich geöffnet, türfüllend stand dort die mächtige Gestalt der
Wirtin, auf den Fußspitzen näherte sich ihr der Wirt, um ihr zu berichten. Und
nun begann das Telefongespräch. Der Kastellan schlief, aber ein
Unterkastellan, einer der Unterkastellane, ein Herr Fritz, war da. Der junge
Mann, der sich als Schwarzer vorstellte, erzählte, wie er K. gefunden, einen
Mann in den Dreißigern, recht zerlumpt, auf einem Strohsack ruhig schlafend,
mit einem winzigen Rucksack als Kopfkissen, einen Knotenstock in
Reichweite. Nun sei er ihm natürlich verdächtig gewesen, und da der Wirt
offenbar seine Pflicht vernachlässigt hatte, sei es seine, Schwarzers, Pflicht
gewesen, der Sache auf den Grund zu gehen. Das Gewecktwerden, das
Verhör, die pflichtgemäße Androhung der Verweisung aus der Grafschaft
habe K. sehr ungnädig aufgenommen, wie es sich schließlich gezeigt habe,
vielleicht mit Recht, denn er behaupte, ein vom Herrn Grafen bestellter
Landvermesser zu sein. Natürlich sei es zumindest formale Pflicht, die
Behauptung nachzuprüfen, und Schwarzer bitte deshalb Herrn Fritz, sich in
der Zentralkanzlei zu erkundigen, ob ein Landvermesser dieser Art wirklich
erwartet werde, und die Antwort gleich zu telefonieren.
Dann war es still, Fritz erkundigte sich drüben, und hier wartete man auf
die Antwort. K. blieb wie bisher, drehte sich nicht einmal um, schien gar nicht
neugierig, sah vor sich hin. Die Erzählung Schwarzers in ihrer Mischung von
Bosheit und Vorsicht gab ihm eine Vorstellung von der gewissermaßen
diplomatischen Bildung, über die im Schloß selbst kleine Leute wie
Schwarzer leicht verfügten. Und auch an Fleiß ließen sie es dort nicht fehlen;
die Zentralkanzlei hatte Nachtdienst. Und gab offenbar sehr schnell Antwort,
denn schon klingelte Fritz. Dieser Bericht schien allerdings sehr kurz, denn
sofort warf Schwarzer wütend den Hörer hin. »Ich habe es ja gesagt!« schrie
er. »Keine Spur von Landvermesser, ein gemeiner, lügnerischer
Landstreicher, wahrscheinlich aber Ärgeres.« Einen Augenblick dachte K.,
alle, Schwarzer, Bauern, Wirt und Wirtin, würden sich auf ihn stürzen. Um
wenigstens dem ersten Ansturm auszuweichen, verkroch er sich ganz unter
die Decke. Da läutete das Telefon nochmals, und, wie es K. schien, besonders
stark. Er steckte langsam den Kopf wieder hervor. Obwohl es
unwahrscheinlich war, daß es wieder K. betraf, stockten alle, und Schwarzer
kehrte zum Apparat zurück. Er hörte dort eine längere Erklärung ab und sagte
dann leise: »Ein Irrtum also? Das ist mir recht unangenehm. Der Bürochef
selbst hat telefoniert? Sonderbar, sonderbar. Wie soll ich es dem Herrn
Landvermesser erklären?«
K. horchte auf. Das Schloß hatte ihn also zum Landvermesser ernannt. Das
war einerseits ungünstig für ihn, denn es zeigte, daß man im Schloß alles
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Buch Das Schloss"
Das Schloss
- Titel
- Das Schloss
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 246
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik