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4Kapitel
Er hätte gern mit Frieda vertraulich gesprochen, aber die Gehilfen, mit denen
übrigens Frieda hie und da auch scherzte und lachte, hinderten ihn daran
durch ihre bloße, aufdringliche Gegenwart. Anspruchsvoll waren sie
allerdings nicht, sie hatten sich in einer Ecke auf dem Boden auf zwei alten
Frauenröcken eingerichtet. Es war, wie sie mit Frieda besprachen, ihr Ehrgeiz,
den Herrn Landvermesser nicht zu stören und möglichst wenig Raum zu
brauchen, sie machten in dieser Hinsicht, immer freilich unter Lispeln und
Kichern, verschiedene Versuche, verschränkten Arme und Beine, kauerten
sich gemeinsam zusammen, in der Dämmerung sah man in ihrer Ecke nur ein
großes Knäuel. Trotzdem aber wußte man leider aus den Erfahrungen bei
Tageslicht, daß es sehr aufmerksame Beobachter waren, immer zu K.
herüberstarrten, sei es auch, daß sie in scheinbar kindlichem Spiel etwa ihre
Hände als Fernrohre verwendeten und ähnlichen Unsinn trieben oder auch nur
herüberblinzelten und hauptsächlich mit der Pflege ihrer Bärte beschäftigt
schienen, an denen ihnen sehr viel gelegen war und die sie unzähligemal der
Länge und Fülle nach miteinander verglichen und von Frieda beurteilen
ließen.
Oft sah K. von seinem Bett aus dem Treiben der drei in völliger
Gleichgültigkeit zu.
Als er sich nun kräftig genug fühlte, das Bett zu verlassen, eilten alle
herbei, ihn zu bedienen. So kräftig, sich gegen ihre Dienste wehren zu
können, war er noch nicht, er merkte, daß er dadurch in eine gewisse
Abhängigkeit von ihnen geriet, die schlechte Folgen haben konnte, aber er
mußte es geschehen lassen. Es war auch gar nicht sehr unangenehm, bei Tisch
den guten Kaffee zu trinken, den Frieda geholt hatte, sich am Ofen zu
wärmen, den Frieda geheizt hatte, die Gehilfen in ihrem Eifer und Ungeschick
die Treppen hinab- und herauflaufen zu lassen, um Waschwasser, Seife,
Kamm und Spiegel zu bringen und schließlich, weil K. einen leisen, dahin
deutbaren Wunsch ausgesprochen hatte, auch ein Gläschen Rum.
Inmitten dieses Befehlens und Bedientwerdens sagte K., mehr aus
behaglicher Laune als in der Hoffnung auf einen Erfolg: »Geht nun weg, ihr
zwei, ich brauche vorläufig nichts mehr und will allein mit Fräulein Frieda
sprechen.« Und als er nicht gerade Widerstand auf ihren Gesichtern sah, sagte
er noch, um sie zu entschädigen: »Wir drei gehen dann zum
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Buch Das Schloss"
Das Schloss
- Titel
- Das Schloss
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 246
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik