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hier, halten meine Frieda und werden – warum soll ich es verschweigen? –
von mir gehalten. Ja, von mir gehalten, denn versuchen Sie es, junger Mann,
wenn ich Sie auch aus dem Hause weise, irgendwo im Dorf ein Unterkommen
zu finden, und sei es in einer Hundehütte.«
»Danke«, sagte K., »das sind offene Worte, und ich glaube Ihnen
vollkommen. So unsicher ist also meine Stellung und damit
zusammenhängend auch die Stellung Friedas.«
»Nein!« rief die Wirtin wütend dazwischen. »Friedas Stellung hat in dieser
Hinsicht gar nichts mit Ihrer zu tun. Frieda gehört zu meinem Haus, und
niemand hat das Recht, ihre Stellung hier eine unsichere zu nennen.«
»Gut, gut«, sagte K., »ich gebe Ihnen auch darin recht, besonders da Frieda
aus mir unbekannten Gründen zuviel Angst vor Ihnen zu haben scheint, um
sich einzumischen. Bleiben wir also vorläufig nur bei mir. Meine Stellung ist
höchst unsicher, das leugnen Sie nicht, sondern strengen sich vielmehr an, es
zu beweisen. Wie bei allem, was Sie sagen, ist auch dieses nur zum größten
Teil richtig, aber nicht ganz. So weiß ich zum Beispiel von einem recht guten
Nachtlager, das mir freisteht.«
»Wo denn? Wo denn?« riefen Frieda und die Wirtin, so gleichzeitig und so
begierig, als hätten sie die gleichen Beweggründe für ihre Frage. – »Bei
Barnabas«, sagte K.
»Die Lumpen!« rief die Wirtin. »Die abgefeimten Lumpen! Bei Barnabas!
Hört ihr -« und sie wandte sich nach der Ecke, die Gehilfen aber waren schon
längst hervorgekommen und standen Arm in Arm hinter der Wirtin, die jetzt,
als brauche sie einen Halt, die Hand des einen ergriff, »hört ihr, wo sich der
Herr herumtreibt, in der Familie des Barnabas! Freilich, dort bekommt er ein
Nachtlager, ach, hätte er es doch lieber dort gehabt als im Herrenhof. Aber wo
wart denn ihr?«
»Frau Wirtin«, sagte K., noch ehe die Gehilfen antworteten, »es sind meine
Gehilfen, Sie aber behandeln sie so, wie wenn es Ihre Gehilfen, aber meine
Wächter wären. In allem anderen bin ich bereit, höflichst über Ihre
Meinungen zumindest zu diskutieren, hinsichtlich meiner Gehilfen aber nicht,
denn hier liegt die Sache doch zu klar! Ich bitte Sie daher, mit meinen
Gehilfen nicht zu sprechen, und wenn meine Bitte nicht genügen sollte,
verbiete ich meinen Gehilfen, Ihnen zu antworten.«
»Ich darf also nicht mit euch sprechen«, sagte die Wirtin, und alle drei
lachten, die Wirtin spöttisch, aber viel sanfter, als K. es erwartet hatte, die
Gehilfen in ihrer gewöhnlichen, viel und nichts bedeutenden, jede
Verantwortung ablehnenden Art.
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Buch Das Schloss"
Das Schloss
- Titel
- Das Schloss
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 246
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik