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sie Barnabas übergeben hatte sondern so, wie er glaubte, daß sie vor Klamm
erklingen werde. Daneben aber freute er sich allerdings auch aufrichtig auf
den Kaffee, den ihm Frieda auf einem Spiritusbrenner kochte, und verfolgte,
an dem erkaltenden Ofen lehnend, ihre flinken, vielerfahrenen Bewegungen,
mit denen sie auf dem Kathedertisch die unvermeidliche, weiße Decke
ausbreitete, eine geblümte Kaffeetasse hinstellte, daneben Brot und Speck und
sogar eine Sardinenbüchse. Nun war alles fertig, auch Frieda hatte noch nicht
gegessen sondern auf K. gewartet. Zwei Sessel waren vorhanden, dort saßen
K. und Frieda beim Tisch, die Gehilfen zu ihren Füßen auf dem Podium, aber
sie blieben niemals ruhig, auch beim Essen störten sie. Obwohl sie reichlich
von allem bekommen hatten und noch lange nicht fertig waren, erhoben sie
sich von Zeit zu Zeit um festzustellen, ob noch viel auf dem Tisch war und sie
noch einiges für sich erwarten konnten. K. kümmerte sich um sie nicht, erst
durch Friedas Lachen wurde er auf sie aufmerksam. Er bedeckte ihre Hand
auf dem Tisch schmeichelnd mit seiner und fragte leise, warum sie ihnen so
vieles nachsehe, ja sogar Unarten freundlich hinnehme. Auf diese Weise
werde man sie niemals loswerden, während man es durch eine gewissermaßen
kräftige, ihrem Benehmen auch wirklich entsprechende Behandlung erreichen
könnte, entweder sie zu zügeln oder, was noch wahrscheinlicher und auch
besser wäre, ihnen die Stellung so zu verleiden, daß sie endlich durchbrennen
würden. Es scheine ja kein sehr angenehmer Aufenthalt hier im Schulhaus
werden zu wollen, nun, er werde ja auch nicht lange dauern, aber von allen
Mängeln würde man kaum etwas merken, wenn die Gehilfen fort wären und
sie beide allein wären in dem stillen Haus. Merke sie denn nicht auch, daß die
Gehilfen frecher würden von Tag zu Tag, so, als ermutige sie eigentlich erst
Friedas Gegenwart und die Hoffnung, daß K. vor ihr nicht so fest zugreifen
werde, wie er es sonst tun würde. Übrigens gäbe es vielleicht ganz einfache
Mittel, sie sofort ohne alle Umstände loszuwerden, vielleicht kenne sie sogar
Frieda, die doch mit den hiesigen Verhältnissen so vertraut sei. Und den
Gehilfen selbst tue man doch wahrscheinlich nur einen Gefallen, wenn man
sie irgendwie vertreibe, denn groß sei ja das Wohlleben nicht, das sie hier
führten, und selbst das Faulenzen, das sie bisher genossen hatten, werde ja
hier wenigstens zum Teil aufhören, denn sie würden arbeiten müssen,
während Frieda nach den Aufregungen der letzten Tage sich schonen müsse
und er, K., damit beschäftigt sein werde, einen Ausweg aus ihrer Notlage zu
finden. Jedoch werde er, wenn die Gehilfen fortgehen sollten, dadurch sich so
erleichtert fühlen, daß er leicht alle Schuldienerarbeit neben allem Sonstigen
werde ausführen können.
Frieda, die aufmerksam zugehört hatte, streichelte langsam seinen Arm und
sagte, daß das alles auch ihre Meinung sei, daß er aber vielleicht doch die
Unarten der Gehilfen überschätze, es seien junge Burschen, lustig und etwas
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Buch Das Schloss"
Das Schloss
- Titel
- Das Schloss
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 246
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik