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einfältig, zum erstenmal in Diensten eines Fremden, aus der strengen
Schloßzucht entlassen, daher immerfort ein wenig erregt und erstaunt, und in
diesem Zustand führten sie eben manchmal Dummheiten aus, über die sich zu
ärgern zwar natürlich sei, aber vernünftiger sei es zu lachen. Sie könne sich
manchmal nicht zurückhalten zu lachen. Trotzdem sei sie völlig mit K.
einverstanden, daß es das beste wäre, sie wegzuschicken und allein zu zweit
zu sein. Sie rückte näher zu K. und verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter.
Und dort sagte sie, so schwer verständlich, daß sich K. zu ihr hinabbeugen
mußte, sie wisse aber kein Mittel gegen die Gehilfen und sie fürchte, alles,
was K. vorgeschlagen hatte, werde versagen. Soviel sie wisse, habe ja K.
selbst sie verlangt, und nun habe er sie und werde sie behalten. Am besten sei
es, sie leichthin zu nehmen als das leichte Volk, das sie auch sind, so ertrage
man sie am besten.
K. war mit der Antwort nicht zufrieden; halb im Scherz, halb im Ernst
sagte er, sie scheine ja mit ihnen im Bunde zu sein oder wenigstens eine große
Zuneigung zu ihnen zu haben; nun, es seien ja hübsche Burschen, aber es
gäbe niemanden, den man nicht bei einigem guten Willen loswerden könne,
und er werde es ihr an den Gehilfen beweisen.
Frieda sagte, sie werde ihm sehr dankbar sein, wenn es ihm gelinge.
Übrigens werde sie von jetzt ab nicht mehr über sie lachen und kein unnötiges
Wort mit ihnen sprechen, es sei auch wirklich nichts Geringes, immerfort von
zwei Männern beobachtet zu werden, sie habe gelernt, die zwei mit seinen
Augen anzusehen. Und wirklich zuckte sie ein wenig zusammen, als sich jetzt
die Gehilfen wieder erhoben, teils um die Eßvorräte zu revidieren, teils um
dem fortwährenden Flüstern auf den Grund zu kommen.
K. nützte das aus, um Frieda die Gehilfen zu verleiden, zog Frieda an sich,
und eng beisammen beendeten sie das Essen. Nun hätte man schlafen gehen
sollen, und alle waren sehr müde, ein Gehilfe war sogar über dem Essen
eingeschlafen, das unterhielt den anderen sehr, und er wollte die Herrschaft
dazu bringen, sich das dumme Gesicht des Schlafenden anzusehen, aber es
gelang ihm nicht, abweisend saßen K. und Frieda oben. In der unerträglich
werdenden Kälte zögerten sie, auch schlafen zu gehen; schließlich erklärte K.,
es müsse noch eingeheizt werden, sonst sei es nicht möglich, zu schlafen. Er
forschte nach irgendeiner Axt, die Gehilfen wußten von einer und brachten
sie, und nun ging es zum Holzschuppen. Nach kurzer Zeit war die leichte Tür
erbrochen, entzückt, als hätten sie etwas so Schönes noch nicht erlebt,
einander jagend und stoßend, begannen die Gehilfen Holz ins Schulzimmer
zu tragen, bald war ein großer Haufen dort, es wurde eingeheizt, alle lagerten
um den Ofen, eine Decke bekamen die Gehilfen, um sich in sie einzuwickeln,
sie genügte ihnen vollauf, denn es wurde verabredet, daß immer einer wachen
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Das Schloss
- Titel
- Das Schloss
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 246
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller
- Kategorien
- Weiteres Belletristik