Seite - 10 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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10 | Einleitung
land 1938 gegeben. Ich konzentriere mich dabei auf die Kernpunkte und verweise die
daran interessierten LeserInnen auf die mehr als umfangreiche Literatur, die für die
österreichische Zwischenkriegszeit in all ihren Facetten bereits besteht.
Eine Darstellung des Status quo der Städtebaupolitik des sozialdemokratischen Wiens
von 1921 bis 1934 und deren Rahmenbedingungen werden die Grundlagen zeigen, auf
denen das autoritäre System des Ständestaates aufbaute. Die sozialistische Stadtregierung
schuf ein in Europa einzigartiges kommunales Wohnbauprogramm, in dem rund
60.000 Wohnungen errichtet und die städtebauliche Ausprägung der Blockverbauung
nachhaltig in Richtung eines kommunalen Hofverbauungsstils beeinflusst werden konnte.
Dieses Wohnbauprogramm unterlag der fundamentalen Kritik des bürgerlichen Lagers,
die bis 1934 richtungweisend für das schwarze Wien werden konnte.
Die ständestaatliche Verwaltung unter dem ehemaligen christlichsozialen, nunmehr
autoritären Bürgermeister Richard Schmitz versuchte ab 1934 eine durchgehende Repri-
vatisierung des Wohnungsbaus. Schmitz übernahm dafür bereits bestehende österreichische
Konzepte der konservativen Bundesregierung zur Bewältigung der Wirtschaftskrise der
1930er Jahre, wie die Wohnbauförderung 1929 und das Randsiedlungskonzept 1932. Gleich-
zeitig stellte die städtebauliche Ausrichtung Wiens eine Parallelentwicklung zum europä-
ischen Städtebau dar. Besonders der diktatorische italienische Städtebau und konservative
Konzepte der Weimarer Republik Anfang der 1930er Jahre wurden adaptiert.
Wien sollte mittels eines städtischen Assanierungsprogramms und eines Kleinwoh-
nungsbauprogramms aus Bundesmitteln zur Verkehrsstadt umgebaut werden. Diese
Strategie wurde mit einem weitreichenden Straßen- und Brückenbauprogramm unterstützt.
In den Siedlungsgebieten an den Rändern der Stadt sollte die Entproletarisierung der
Arbeiterschaft und ihre Einbindung ins politische System des Ständestaates durch die
Schaffung von Eigentumshäusern bewerkstelligt werden. Dazu wurden ab 1934 sowohl
Stadtrandsiedlungen zur Überwindung der Weltwirtschaftskrise als auch die Schaffung von
Gartenstädten durch die Förderungen des Ein- und Mehrfamilienhausbaus unterstützt.
Die Rahmenbedingungen der Finanzierung und Verwaltung wurden für die Verwirklichung
dieser Strategie grundlegend geändert.
Forschungsstand
Die wissenschaftliche Aufarbeitung des politischen Systems, der Sozialpolitik und der
internationalen Beziehungen des autoritären Ständestaates1 begann nach 1945, mit Aus-
1 In diesem Buch werden die Bezeichnungen „autoritärer Ständestaat“, „autoritäre Regierung“, „autoritäres Regime“,
„Dollfuß-/Schuschnigg-Regime“ und die Selbstbezeichnung „Ständestaat“ – allesamt nicht mit Anführungszeichen ge-
kennzeichnet – als Synonyme für das 1933/34 bis 1938 regierende Herrschaftssystem in Österreich benutzt. Austro-
faschismus ist als wissenschaftlicher Begriff aufgrund der noch andauernden Faschismusdebatte in der Geschichts-
forschung umstritten, löst sich jedoch zusehends von seiner Verwendung als politischer Kampfbegriff. Zur Debatte
über den Begriff Austrofaschismus siehe das Kapitel „Weg in die Diktatur“ in diesem Buch.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918