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Geschosswohnungsbau im Ständestaat | 125
2.2.3.5 Die Wohnungstypen der Geschosswohnungsbauten
Nach der Volkszählung 1934 konnten die Wohnungsverhältnisse Wiens durch statistische
Erhebungen berechnet werden. Die 441.388 Kleinwohnungen Wiens, bestehend aus
Zimmer und Kabinett, machten rund 72 % der 613.436 Wohnungen aus. Mittelwohnungen,
zwei bis drei Zimmer und ein Kabinett, waren mit 148.567 rund 24 % des Gesamtbestan-
des. 3,8 %, also 23.481 Wohnungen, hingegen hatten vier Zimmer oder mehr. Bei der
Kleinwohnung herrschte vor allem die Einzimmerwohnung vom Typ Küche-Zimmer vor,
die mit einer Anzahl von 227.731 Wohnungen rund 37 % des Gesamtbestandes ausmachte.
Statistisch gesehen wohnten durchschnittlich 3,2 Personen in einem Drittel der Wiener
Einzimmerwohnungen, die damit eindeutig überbelegt waren.
Der Hausbestand wurde in Kleinhäuser mit bis zu drei Wohnungen (mit 24.563 41 %),
größere Mietshäuser von vier bis 19 Wohnungen (mit 21.915 37 %) und Massenmietshäu-
ser ab 20 Wohnungen (mit 10.095 18 %) eingeteilt.487 Die Kleinwohnungen nahmen bei
den Haustypen einen besonderen Stellenwert ein und erfüllten mehrere wichtige Aufga-
ben. Einerseits eine bessere finanzielle Verwertung der Stockwerkshäuser durch die Haus-
besitzerInnen aufgrund des Mehr an Mietparteien.488 Andererseits konnten damit die
Gesamtwohnungsanzahl schneller gesteigert werden. Das wiederum wirkte sich positiv
auf die Statistik und deren propagandistische Verwertung aus.
Die Grundrisse der im Ständestaat propagierten Kleinwohnungen orientierten sich
weitgehend an denen des Roten Wien, wobei aber die Wohnküche zugunsten eines eigenen
Küchenraumes aufgegeben wurde. Wie in der Bauordnung vorgegeben, lagen drei bis vier
Kleinwohnungen im Wohnungsverband auf einer Etage an einem Stiegenhaus.
Der vom Magistrat der Stadt Wien durch- und ausgeführte Bauplan für die Familienasyle
sah zwei Wohnungsgrößen vor. Die kleine Standardwohnung hatte durchschnittlich 35 m².
Durch einen Vorraum von 2 m² mit angehängtem WC von 1 m² gelangte man in die rund
12 m² große Wohnküche. Im Anschluss an die Wohnküche befand sich ein rund 20 m²
großes Zimmer für die Aufstellung von vier Betten. Die größere Wohnung mit durch-
schnittlich 45 m² wurde selten ausgeführt. Der Wohnungsplan dieser Type wies ein
zusätzliches Kabinett aus.489 Dort wurde mit der Aufstellung von bis zu fünf Betten für
kinderreiche Familien gerechnet.490 Im Schnitt waren die Wohnungstypen in den Famili-
enasylen des Ständestaates ein wenig kleiner als die, die mit 38 m² in den Gemeindebau-
ten bis 1927 gebaut wurden. Die Wohnungsgrößen erreichten aber niemals den Standard,
487 Wie wohnt der Wiener?, in: Österreichische Bauzeitung, 1. Jg. Wien, Dezember 1936, Nr. 35, S. 421; Magistrat der bun-
desunmittelbaren Stadt Wien (Abteilung 47 – Statistik) (Hg.), Die Ergebnisse der Erhebung der Wohnverhältnisse in
Wien am 22. März 1934, Wien – Leipzig, 1935.
488 Nationalrat a. D. Pistor über aktuelle Fragen des Siedlungs- und Wohnungswesen, in: Österreichische Bauzeitung,
1. Jg. Wien, Jänner 1936, Nr. 4, S. 39.
489 Magistrat der Stadt Wien (Hg.), Familien-Asyle, 1937, S. 14, 20, 24, 29.
490 Ebd., S. 8 f.
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918