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144 | Wien im Ständestaat
konnte. Die Idee der Selbstversorgung wurde durch die Stadt mit gemeinsamen Vorträgen
für SiedlerInnen in einer Gartenbauschule unterstützt.596
Sozialminister Josef Dobretsberger versuchte ab Oktober 1935 die unter seinem Vor-
gänger Odo Neustätter-Stürmer großzügig bereitgestellten Finanzmittel auf eine konstante
Budgetierung umzustellen. Er scheiterte jedoch am Widerstand industrieller Kreise. Unter
Sozialminister Resch, der bereits im Mai 1936 ernannt wurde, schrumpfte das Budget für
den Siedlungsbau weiter.597 Die Bundesmittel für den Stadtrandsiedlungsbau wurden bis
auf ein Drittel zurückgezogen und ein Scheitern des Entproletarisierungskonzeptes musste
offen zugegeben werden. Der Siedlungsbau kam aber auch deswegen weitgehend zum
Erliegen, da eine Siedlerstelle oft nicht den Lebensunterhalt für eine Familie zuließ.598 Aus
diesem Grund wurde die Siedlungsaktionen für die vollerwerbstätige Arbeiterschaft,
Beamtenschaft, kleine Gewerbetreibende und Angestellte geöffnet.599
In Wien wurde sogar beraten, ob die Randsiedlungsaktion durch den Wegfall des Frei-
willigen Arbeitsdienstes600 überhaupt möglich wäre. Das Bundes-, Wohn- und Siedlungsamt
hatte 1936 für die Randsiedlungsaktion der Stadt Wien zwar Kreditmittel für 230 Siedler-
stellen bereitgestellt, diese wollte und konnte die Kosten für den Arbeitsdienst aber nicht
selbst aufbringen und nahm Abstand von deren Errichtung.601 Die ausführende Treuhän-
derin Wiener Siedlungsgesellschaft stand deswegen kurz vor ihrer Liquidierung.602 Eine
kurzfristige Rettungsaktion durch die Vergabe von 210 Geldpreisen für eifrige Siedler in der
Gesamthöhe von öS 3.000, wurde 1936603 von Bürgermeister Schmitz ins Leben gerufen.604
Dadurch konnten aber das Scheitern des ständestaatlichen Siedlungsbaus und der ideolo-
gischen Entproletarisierung der Arbeiterschaft nicht mehr verhindert werden.
2 3 2 Eigentumshaus und Siedlung
2.3.2.1 Eigentumshausbau im Ständestaat
Der gemeinnützige Verein für Eigenheimbau und Wohnbauförderung versuchte durch Bera-
tungen bei der Nutzung von Förderungenleistungen und der Durchführung baulicher
Maßnahmen, den Eigenheimbau in Österreich salonfähig zu machen. Seinen Sitz hatte
596 WStLA, Sig. 1.3.2.245.K5, Stadtrandsiedlungen 1934–1966.
597 Hoffmann, Entproletarisierung, in: Botz, Hautmann, Konrad, Weidenholzer (Hg.), Bewegung und Klasse, 1978, S. 733 f.
598 Zimmerl, Kübeldörfer, 2002, S. 146.
599 Hoffmann, Entproletarisierung, in: Botz, Hautmann, Konrad, Weidenholzer (Hg.), Bewegung und Klasse, 1978, S. 735.
600 1937 konnten bundesweit nur mehr 3.000 Arbeiter des Arbeitsdienstes bezahlt werden, vgl.: Ebd., S. 734.
601 Akt: Magistrat Wien Randsiedlungsaktion 1936; Akt: V. Stadtrandsiedlungsaktion 1936 Abstandnahme, AdR BMfsV 1,
7. BWSA, Schachtel: 13145, Mappe: Wien Stadtgemeinde allgemein.
602 Feller, GESIBA, 1996, S. 44.
603 Magistrat der Stadt Wien (Hg.), Wohnungs- und Siedlungswesen, 1937, S. 12.
604 Dokument: Wirtschaftspraemien an Stadtrandsiedler, in: AdR BMfsV 1, 7. BWSA, Schachtel: 3200, Mappe: Wien Stadtge-
meinde allgemein.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918