Seite - 145 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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Siedlungsbau im Ständestaat | 145
er in der Strauchgasse 1 im I. Bezirk. Sprachrohr des Vereins war die Zeitung Eigenheim
und Weekend.605
In Österreich sollte der Eigenheimbau ab 1930 innerhalb des Bundesgesetzes zur Förde-
rung der Wohnbautätigkeit angekurbelt werden. Die Wiener Bauordnung von 1930 war
durchgehend auf die Ausgestaltung von Geschossbauten mit einer großen Anzahl an
Wohnungen zugeschnitten.606 Deswegen sollten Einzelhäuser entstehen, die an die gesetz-
lich vorgeschriebenen Größen von Kleinwohnungen mit ca. 60 m² und Mittelwohnungen
von 100 bis 130 m² angepasst waren.607 Bundesweit konnten, laut Eigenaussage, mittels
Wohnbauförderungsgesetz zwischen 1929 und 1932 ganze 130 Einfamilienhäuser entstehen.608
Die ersten Musterhäuser609 verschiedener ArchitektInnen in Deutschland und Österreich
im Sinne des Neuen Bauens entstanden ebenfalls um 1930. Dabei wurde wie bei den Miet-
und Eigentumshäusern besonders auf den Grundriss Bedacht genommen, der eine opti-
mierte Ausnutzung der Räume auf einer kleinen Grundfläche gewährleisten sollte. Die
weggefallenen Repräsentationsräume ließen eine allgemeine Verkleinerung des Wohn-
hauses zu. Zusätzlich sollte durch modernes Mobiliar eine zweckmäßige Ausnutzung
möglich werden. Das Haus sollte, der Dienstleistung einer Maschine gleich, Möglichkeit
zum Wohnen, Schlafen, Essen und Kochen sowie der Freizeitgestaltung bieten.
Durch Verzicht auf Dekor wurde das Eigenheim äußerlich seiner chronologischen
Einordnung in einen bestimmten Stil enthoben. Die äußere Gestalt des Hauses sollte
einzig dem Grundriss und den Lichtverhältnissen untergeordnet werden, wobei die sach-
lich glatten Wände nur eine Funktion des Wohnens ausdrückten. Das Dach wurde wie der
Rest des Hauses möglichst ökonomisch gestaltet. Das Flachdach stellte dabei eine Mög-
lichkeit dar, eine billige Dachlösung mit der Einrichtung einer Dachterrasse zu verknüpfen.610
Eingebettet war das Wohngebäude in einem Garten, der zur Erholung dienen sollte611
und nicht wie beim Stadtrandsiedlungsbau als ökonomische Anbaufläche zum Nebener-
werb.
Unter dem Eindruck dieser sachlichen ökonomischen Hausentwürfe wurde die Wiener
Werkbundsiedlung612 1931 unter der Leitung von ihrem Präsidenten Josef Frank begonnen.
Die Planung der Werkbundsiedlung ging auf den Wiener Städtebaukongress von 1926
zurück. Eine Vielzahl von zwei- und dreigeschossigen Typen wurde geschaffen, wobei
605 Wiser, Weeh, Eigenheim, 1930, S. 109.
606 Ebd., S. 159 f.
607 Ebd., S. 10.
608 Antimarxistische Wohnbaupolitik – Die Wohnbauförderung des Bundes, Wien, 1932, S. 12 f.
609 Eines dieser Häuser war das vom Atelier Theiss & Jaksch 1930 erbaute XIII., Veitlissengasse 1. Es diente dazu, die
Wohnbauförderung als Werbeträger salonfähig zu machen, vgl.: Achleitner, Österreichische Architektur, Bd. III/2, 2010,
S. 63.
610 Karl Maria Grimme, Das Eigenheim – Sein Bau und Anlage, Leipzig – Wien, 1930, S. 9–17.
611 Ebd., S. 60 f.
612 Bauträger war die Gemeinwirtschaftliche Siedlungs- und Baustoffanstalt, vgl.: Gmeiner, Pirnhofer, Kapflinger, Slapeta,
Moravanzky, Der Österreichische Werkbund, 1985, S. 155.
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918