Seite - 174 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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174 | Wien im Ständestaat
Kardinal Innitzers und der österreichischen Landeshauptleute gegründete Vereinigung zur
Errichtung eines österreichischen Heldendenkmales 1934 schrieb einen diesbezüglichen Wett-
bewerb aus.746 Der daraus hervorgegangene Entwurf für ein gesamtösterreichisches Nati-
onalehrenmal symbolisierte für Schuschnigg alte, österreichische Soldatentugenden als Vorbild
für die Jugend des Ständestaates.747
Der überarbeitete Wettbewerbsentwurf von Rudolf Wondracek kam 1934 zur Ausfüh-
rung. Das Burgtor wurde äußerlich kaum verändert. Im Inneren wurden zwei Monumen-
taltreppen installiert. Der Gedächtnisraum befand sich unter freiem Himmel. Wilhelm
Frass entwarf die acht Köpfe als Symbole der Völker der Monarchie an der Monumen-
taltreppe und den liegenden Krieger aus rotem Marmor. Die Steinschnitte der 24 Soldaten
stammen von Herbert Dimmel und Leopold Schmid. Wilhelm Frass entwarf ebenfalls
vier Adler für die seitlichen Pforten zur Ringstraße. Finanzierungsprobleme hatten die
geplante Umgestaltung des gesamten Platzes verhindert,748 obwohl die Bundesregierung
die Errichtung mit der Übernahme der Hälfte der Kosten unterstützte.
Die Einweihung vom 9. September 1934 wurde am Vortag durch ein Großereignis auf
der Hohen Warte im XIX. Bezirk eingeleitet, bei dem 300 Jahre österreichische Geschichte
gefeiert wurden.749
2 4 2 Sakralbauten, Klosterbauten und katholischer Wohnbau
2.4.2.1 Kirchenbau
Getreu der ständestaatlichen Ideologie, die Kirche als politischen Machtfaktor zu reakti-
vieren und damit eine Rekatholisierung der Arbeiterschaft750 einzuleiten, rückte die Kir-
chenbautätigkeit und die sakrale bildende Kunst im Ständestaat in den Vordergrund.751
Die Allianz von Kirche und Dollfuß-/Schuschnigg-Regime wurde durch die rasche Ein-
bindung des Dollfuß-Gedenkens in den Ritus der katholischen Kirche forciert. Sie schlug
sich vor allem bei der Errichtung von Dollfuß-Gedächtnis-Kirchen, -Kapellen und -Kreu-
zen nieder, die gleichermaßen eine Kulisse für kirchliche und politische Veranstaltungen
bildeten. Beispielsweise die Adaptierung der Kirche Kramreiters auf der Hohen Wand von
746 Ebd., S. 526.
747 Kahler, Kriegerdenkmäler, in: Riesenfellner (Hg.), Steinernes Bewußtsein I, 1998, S. 392.
748 Vasak, Kulturpolitik, 1996, Diplomarbeit, S. 19 f.
749 Grassegger, Denkmäler, in: Riesenfellner (Hg.), Steinernes Bewußtsein I, 1998, S. 528 f.
750 Die Spitzen der Entwicklung der Kirchenzugehörigkeit in Wien gestalteten sich konform der Ausrichtung des jeweiligen
politischen Systems. Im Roten Wien kam es durch Propaganda gegen den Prälaten ohne Milde Ignaz Seipel im Jahr
1927 zu 28.837 Kirchenaustritten. Während des Ständestaates traten 1934 wieder 32.943 Menschen in die katholi-
sche Kirche ein, vgl.: Ernst Hanisch, Der Politische Katholizismus als ideologischer Träger des „Austrofaschismus“, in:
Talos, Neugebauer (Hg.), Austrofaschismus, 2005, S. 71.
751 Klamper, Wiederverchristlichung, in: Tabor (Hg.), Kunst und Diktatur, Bd. 1, 1994, S. 148 f.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918