Seite - 186 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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186 | Wien im Ständestaat
Erste Berechnungen veranschlagten öS 30.000 für die gesamte Infrastruktur des Ver-
sammlungsplatzes mit Kassenräumen, öffentlichen Bedürfnisanstalten, Einfriedung, Mas-
ten und Beleuchtung. Ein würdiger und monumentaler Dollfuß-Triumphbogen sollte, mit
monumentalen Reliefs und Plastiken ausgestattet, rund öS 150.000 kosten. Das Unterrichts-
und Internatsgebäude war mit einer Bausumme von öS 1.900.000 veranschlagt. Das
Schwimmbad sollte mitsamt seiner Anlagen öS 160.000 und das Freitheater öS 250.000
ausmachen. Aufgrund finanzieller Überlegungen sollte der Freiwillige Arbeitsdienst die
Regulierungs-, Terrain- und Erdarbeiten des halbkreisförmigen Versammlungsplatzes vor
dem Dollfuß-Triumphbogen und des Freitheaters durchführen. Die teure Errichtung von
Sportflächen sollte vorerst vermieden und durch die Benutzung der in der Nähe liegenden
Bundesspielplätze kompensiert werden. Die errechneten Gesamtkosten des Neubaues
lagen also bei insgesamt öS 2.460.000.805 Eine spätere und genauere Kostenaufstellung
revidierte alleine die Ausgaben für den Neubau des Hauptgebäudes der Führerschule auf
insgesamt öS 2.364.260.806
Die im Hauptgebäude geplante Kirchenanlage sollte nach außen gerichtet der Aus-
gangspunkt für das Freilichttheater werden, um der Ablauf religiöser Zeremonien durch
den übrigen Schulbetrieb nicht zu stören. Die architektonische Lösung des umschließen-
den Gebäudes wählte Kramreiter so, dass die sakrale Formensprache des Kirchenkom-
plexes von außen leicht vom übrigen Gebäude zu unterscheiden war, wodurch eine
Kreuzung zwischen Sakral- und Profanarchitektur geschaffen werden konnte. Der ver-
hältnismäßig hohe Kirchenraum sollte mit der Vorhalle direkt verbunden werden. Eine
Orgel sollte durch die Öffnung einer Bogenwand auch nach außen in die von einem Wald
umschlossenen Freilichttheateranlage wirken können.807
Diese Kreuzung aus monumentalem Sakral- und Profanbau könnte als eigenständige
architektonische Lösung des Dollfuß-/Schuschnigg-Regimes gewertet werden. Nicht
umsonst rückte der Kirchenarchitekt Kramreiter die Rolle der Kapelle in das Zentrum der
Anlage. Die Idee der Verschmelzung des Ideologieträgers Denkmal mit einem kirchlichen
Bau und einer politischen Einrichtung der Vaterländischen Front erscheint weithin einzig-
artig. Vor allem die Dimensionen der Sakralanlage, die nach außen als Kulisse für das
monumentale Freilichttheater genutzt werden sollte, überraschen.
chitekturzentrum Wien, Sammlung, N12-42-1-P_12. Im Staatsarchiv AdR Sonderarchiv Moskau, Schachtel: 514/1/2176
ist ebenfalls ein Bestand an kopierten Plänen vorhanden, jedoch nicht so vollständig wie im AZW. Ein intensiv in Zeitun-
gen und Zeitschriften publiziertes Modell der Frontführerschule ist leider nicht mehr auffindbar.
805 Unterlage: Rundlauf, 1937, in: Architekturzentrum Wien, Sammlung, N12-42-001-Dok, Robert Kramreiter „Dollfuß
Führerschule“, Fasangarten bei Schönbrunn, Baubeschreibung.
806 Kostenaufstellung für den Neubau der Dollfuß-Führerschule im Fasangarten, in: AdR Sonderarchiv Moskau, Schachtel:
514/1/2176.
807 Parsch, Kramreiter, Kirchenkunst, 1939, S. 163 f.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918