Seite - 195 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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Fazit des ständestaatlichen Städtebaus 1934 bis 1938 | 195
Wiener Baugeschehen und bestimmte neue Planungsgebiete, bis hinunter auf die Ebene
der Standorte und der stilistischen Ausführung von einzelnen Gebäuden. Dies war ihm
nicht nur innerhalb der Kuratorien des Assanierungsfonds und des Kleinwohnungshausför-
derungsgesetzes des Bundes möglich. Durch sein politisches Mitwirken in der Zentralsparkasse
hatte er auch die Finanzierung der Projekte fest in der Hand.
Die Gemeinde baute ab 1934 auch in Eigenregie. Die dabei erstellten Familienasyle
wurden aber nicht in der Tradition der kommunalen Gemeindebauprojekte des Roten
Wien verortet, sondern erfüllten eine besondere Funktion als Bauten der Fürsorge innerhalb
der ständestaatlichen Baustrategie. Grund für diesen Rückgriff auf die kommunale Bautä-
tigkeit war wohl die bessere infrastrukturelle Aufstellung der Magistrate.
Eine Förderung von Einfamilienhäusern durch den Assanierungsfonds sollte den Eigen-
heimbau weiter ankurbeln. Diese wurden innerhalb bereits bestehender Siedlungsareale
errichtet. Schon bestehende Genossenschafts-, Eigenheim- und Schrebergartensiedlungen
versorgte die Stadtregierung verstärkt mit billigeren Gründen für den Eigenheimbau, um
mittels schon vorhandener Aufschließung politisch zu punkten.
Der Bund unterstützte ab 1932 insbesondere den Siedlungsbau für Erwerbslose, indem
er als Geldgeber für die Gemeinde und Genossenschaften fungierte. Der favorisierte
Stadtrandsiedlungsbau des Bundes-, Wohn- und Siedlungsamts wurde bundesweit durchge-
führt und als Entproletarisierungskonzept ideologisiert. Durch fehlende finanzielle Mittel
scheiterte er jedoch bis 1936 vollständig. Die Rücknahme der Maßnahme durch die
Bundesregierung bedeutete nicht nur die Aufgabe des Siedlungsprogramms für die Mas-
sen, sondern auch die der Arbeiterwohnungen der Zukunft. Die bereits erstellten Stadtrand-
siedlungen über der Donau blieben durchwegs ohne infrastrukturelle Anbindung zurück.
Sie waren auch von der Wiener Stadtregierung nur spärlich durch den Assanierungsfonds
mit Infrastrukturmaßnahmen bedacht worden.
Die AdressatInnen des Siedlungskonzeptes änderten sich mit der Ankurbelung des
Eigentumshausbaus in der Gartenstadt endgültig von der Arbeiterschaft hin zum Mittel-
stand und zu besser situierten Kreisen. Die soziale Verschiebung war schon im Randsied-
lungsbauprogramm ersichtlich geworden, als Eigenkapital zur Errichtung der Häuser
benötigt und die Arbeiterschaft durch diese finanzielle Hürde fast vollständig ausgeschlos-
sen wurde. Die ArbeiterInnen sollten wieder im Massenwohnbau unterkommen, den die
Stadt und der Bund 1937 verstärkt zu schaffen begannen. Am Gartenstadtkonzept sollte
er höchstens durch die Bewirtschaftung eines Schreber- oder Kleingartens Anteil haben.
Der genossenschaftliche Siedlungsbau wurde zugunsten der Aufschließung der Ränder
des Stadtgebietes durch Eigenheimsiedlungen zurückgenommen. Bestehende genossen-
schaftliche Siedlungen oder wilde Siedlungen, um im Jargon der Zeit zu bleiben, wurden
durchwegs der Privatisierung zugeführt oder wie in Hasenleiten durch kommunale Gar-
tenstadtsiedlungen überbaut.
1937 schwenkte der Bund mit der Finanzierung der privaten Bauwirtschaft innerhalb
des Kleinwohnungshausförderungsgesetzes wieder auf die Unterstützung der Errichtung von
Hochbauten um. Dabei sind Überlappungen der Konzepte vom Bund und der Stadt Wien
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918