Seite - 196 - in Das Schwarze Wien - Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
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196 | Wien im Ständestaat
festzustellen. Die gesetzlichen Reglements der Schmitz’schen Assanierungspolitik wurden
von der autoritären Bundesregierung weitgehend übernommen und im Kleinwohnungs-
hausförderungsgesetz 1937 adaptiert. Wie beim Assanierungsfonds wurde die Errichtung
von Kleinwohnhäusern in Eigentumssiedlungen mit Bundesgeldern forciert.
Die Stadt Wien bediente sich der zugesagten Bundesmittel des KlWFG, um die begon-
nenen Strategie der Assanierung weiterführen zu können. Dies wird vor allem im kleinen
Wiener Wohnbauprogramm des Ständestaates837 deutlich. Dabei kam es zu einer vorsich-
tigen Rücknahme der bisherigen Baustrategie. Die Stadt übernahm Ende 1937 rund 50%
der geförderten Bauten in Eigenregie, wobei auf größere Gebäudezüge Wert gelegt wurde.
Der Rückgriff auf den Bau von Siedlungsgeschossbauten in der Hasenleitengasse durch
das Scheitern der Randsiedlungsaktion ist als schleichende Rückkehr des Reihenhaussied-
lungsbaus des Roten Wien zu werten. Dem bauerprobten Wiener Stadtbauamt oblag dabei
die Aufgabe der Maximierung des Wohnungsbaus unter den geänderten politischen
Vorzeichen des ständestaatlichen Stadtumbaus. Einzig die Finanzierung blieb in privat-
wirtschaftlichen Mustern verhaftet.
Durch die enge und kooperative Zusammenarbeit des Bundes und der Stadt Wien
konnte sich eine gemeinsame Strategie herauskristallisieren, die dringliche Aufgaben der
beginnenden modernen Städteplanung lösen sollte. Besonders wichtig erscheint in diesem
Zusammenhang, dass innerhalb des kleinen Wiener Wohnbauprogramms gezielter auf
die demografische Situation der Stadt und die Wohnbedürfnisse eingegangen werden
konnte. Obwohl immer noch teure Innenstadtbauten errichtet wurden, konnte sich die
Bautätigkeit auch auf die Peripherie des Stadtgebietes erweitern. Somit entstand ein städ-
tebauliches Konzept, das außerhalb der Verbauung von kleinen Sanierungsgebieten wie
etwa der Freihausgründe stand und eine vorausschauende Planung abseits der schleppen-
den Annahme angebotener Umbauten durch private Baufirmen zuließ.
Ein Einspielen und Greifen der ständestaatlichen Strategien wurden vor allem durch
die mit vier Jahren sehr kurz bemessene Zeitspanne des Bestehens des schwarzen Wien
und die verschärfte wirtschaftliche Krisensituation durch die Weltwirtschaftskrise von 1929
im Keim erstickt. Es ist heute nicht zu ermessen inwiefern sich die Konzepte zur Wohn-
bautätigkeit ohne Dauerkrisen auswirken hätten können.
Der Assanierungsfonds hat, laut eigenen Angaben der Stadtverwaltung, in den vier
Jahren seines Bestehens insgesamt 55 Geschossbauten und 88 Familienhausbauten unter-
stützt. Durch das Kleinwohnungshausförderungsgesetz wurden 1937, ebenfalls laut Aussage
der Gemeinde, insgesamt 1.255 Kleinwohnungen in sieben Ein- und Zweifamilienhäusern
sowie 58 Hochbauten gefördert. Dazu kamen noch insgesamt sieben bis acht Familienasyle
der Stadt Wien und die durch Wohnungsteilung entstandenen Kleinwohnungen innerhalb
des Hausreparaturfonds bis Ende 1936. Das Gesamtvolumen im ständestaatlichen Wien
unterstützter Wohnbauten lag also bei insgesamt 95 Familienhausbauten und 121 Hoch-
837 Städte wie Linz und Graz versuchten ebenfalls mittels kleiner Wohnbauprogramme innerhalb des KlWFG der Woh-
nungsnot Herr zu werden.
Open Access © 2017 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien Köln Weimar
Das Schwarze Wien
Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Titel
- Das Schwarze Wien
- Untertitel
- Bautätigkeit im Ständestaat 1934–1938
- Autor
- Andreas Suttner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20292-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 296
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918