Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
Seite - 12 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 12 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte

Bild der Seite - 12 -

Bild der Seite - 12 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte

Text der Seite - 12 -

OpenAccess © 2019byBÖHLAUVERLAGGMBH&CO.KG,WIENKÖLNWEIMAR 12 EINLEITUNG intellektuellen Fehden funktionalisiert, konnte Glaubwürdigkeit und Gruppenidentität vermitteln oder ausgrenzen und stigmatisieren, sie eignete sich bestens zur Satire oder zum Ausdruck des Unangepassten und Unangebrachten. Mit deklarierten Liebhabern und erbitterten Gegnern in den höchsten Bildungsschichten polarisierte diese Dialekt- kunst denn auch wie keine andere Gattung das zeitgenössische Werturteil. Sie wurde von Kaisern geliebt und von Kritikern verachtet, war im Alltag wie auf der Bühne in aller Munde, wurde von den großen Meistern ebenso verwendet wie vom ungebildeten Laien. Vor allem aber war sie eines: genuiner Ausdruck eines äußerst produktiven Kul- turraums.IhrespätereMarginalisierungzumheimatverklärenden,autochthonenästhe- tischen Ausdruck des einfachen Menschen vom Lande, die erfolgreiche Desavouierung des Dialekts als de zitäre Sprachform der Ungebildeten und die bis heute andauernde Hegemonialstellung des protestantischen Aufklärungsparadigmas in der Kanonbildung machten jedoch diese frühe Blütezeit mundartlicher Kunst als wesentliches Charakte- ristikum des bairisch-österreichischen Kulturraums beinah völlig vergessen. Dement- sprechend geringes Augenmerk wird der Zeit vor 1800 auch in den wenigen aktuellen Überblicksdarstellungen zur Dialektliteratur geschenkt, neigt man doch nach wie vor dazu, mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts „ den eigentlichen Beginn der Mundart- literatur anzusetzen“ 2. Quellenmaterial aus den Jahrhunderten davor wird nur selten berücksichtigtundwenndoch,dannstütztmansichgroßteilsnochaufdiezwarfakten- reichen,zumTeil jedoch längstüberholtenErgebnissederälterenForschung. Mit den ersten Belegen aus dem frühen 17. Jahrhundert begegnet uns Mundart als bewusst eingesetztes, von standardsprachlichen Formen abgehobenes ästhetisches Mit- tel im bairisch-österreichischen Sprachraum ohnedies vergleichsweise spät. In etlichen anderendeutschenDialekträumenwerdendiejeweiligenVarietätenvorallemimDrama bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts literarisiert und poetisch funktionali- siert.3 Niederdeutsches ndetsichschon1578inFranciscusOmichius'NeweComoedia, Thüringisch in Martin Hayneccius' Schulkomödie Almansor (1582), schlesisch unter- halten sich die Hirten in Georg Goebels Die fart Jacobs (1586), neuberlinerisch im Ber- liner Weihnachtsspiel (1589). Brandenburgisch reden die Bauern in Johann Gulichs Spil von Wuterich dem Antiocho (1593), fränkisch, kölnisch und meißenisch in der Susanna (1593) des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig4 und im Speculum Puerorum 2 KlausJ.Mattheier:„ MitderSeeleAtemschöpfen“ .ÜberdieFunktionvonDialektalität inderdeutschspra- chigen Literatur. In: Klaus J. Mattheier [u.a.] (Hg.): Vielfalt des Deutschen. Festschrift für Werner Besch. Frankfurt a.M. [u.a.]: Lang 1993, S.633– 652, hier S.638. Ähnlich auch Polenz: „ Von eigentlicher Mund- artdichtung, als bewußter, kontinuierlicher Gegenbewegung zur antiregional gewordenen Hochliteratur, kann man erst im 19.Jh. sprechen“ (Peter von Polenz: Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zurGegenwart.Bd. II:17.und18. Jahrhundert.Berlin/NewYork:deGruyter1994,S.232). 3 Vgl. u.a. Alfred Lowack: Die Mundarten im hochdeutschen Drama bis gegen Ende des achtzehnten Jahr- hunderts: Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Dramas und der deutschen Dialektdichtung. Leipzig: Hesse 1905. (Breslauer Beiträge zur Literaturgeschichte VII) – Friedrich Schön: Geschichte der deutschen Mundartdichtung.3Teilbde.Freiburg:Fehsenfeld1920– 1931.– HelmutHenne:HochspracheundMund- artimschlesischenBarock.StudienzumliterarischenWortschatzindererstenHälftedes17.Jahrhunderts. Köln/Graz:Böhlau1966. (MitteldeutscheForschungen44). 4 Mit dem Bauern Lendel ndet sich in Herzog Heinrich Julius' ‚ Tragica Comoedia` Von einem Wirthe oder Gastgeber (1594)aucheineNeben gur,diebairischeSprachmerkmaleaufweist.
zurück zum  Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 Eine andere Literaturgeschichte
Titel
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Untertitel
Eine andere Literaturgeschichte
Autoren
Christian Neuhuber
Stefanie Edler
Elisabeth Zehetner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20630-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
652
Schlagwörter
Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800