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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
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OpenAccess © 2019byBÖHLAUVERLAGGMBH&CO.KG,WIENKÖLNWEIMAR 16 EINLEITUNG etwa im Bereich der Volksnarration, des satirischen Zeitkommentars, der Agitations- literatur oder der Kanzelrhetorik kaum Beachtung. Fächerübergreifend sind auch die Fragestellungen,diesichausderthematischenVerankerungvorwiegendindensozialen Niederungen, im Ländlichen oder auch im Familiär-Privaten ergeben. Zuweilen sind Dialekttexte die einzigen verbliebenen Zeugen für Alltagsdiskurse von hoher histori- scher,soziologischerundethnologischerAussagekraft.Umderenproduktions-, inhalts- und rezeptionsästhetische Besonderheiten als Gegenbild zu den kanonisierten Leittex- ten zu erfassen, bedarf es der Zusammenarbeit verschiedener kulturwissenschaftlicher Disziplinen, die ihre spezi schen Ansätze, Methoden und Forschungsergebnisse in die Untersuchungeinzubringenhaben. Vorbehalte gegen Mundartkunst sind allerdings nicht nur im Wissenschaftsbetrieb nachwievorvorhanden.DieArgumentationsmusterhabensichdurchdieJahrhunderte kaum verändert und zielen weniger auf das künstlerische Potenzial der Produzenten ab als auf den de zitären Charakter des Dialekts zumal in kommunikativer und ästheti- scher Hinsicht: Durch seine beschränkte Reichweite büße das mundartliche Kunstwerk an Verständlichkeit ein,14 der dialogische, genuin mündliche Charakter des dialektalen AusdrucksbeschneidediekünstlerischenMöglichkeitenunddurchdieschichtenspezi - scheVerwurzelungimbäuerlich-kleinbürgerlichenLebensbereichenthalteDialektkunst zu wenig Welthaltigkeit. Verschärft wird dieser Aspekt durch eine soziale Stigmatisie- rung des Dialekts, der als Ausdruck der Ungebildeten nicht geeignet sei, komplexere undabstrakteInhaltezugestalten.15 DassvieleAutorenüberlieferterMundartkunstvor 1800ausdergebildetenSchichtstammten,16wirddabeiebensoübersehenwiedieTatsa- che, dass damals eine überwiegende Mehrheit der geistigen und gesellschaftlichen Elite im oberdeutschen Sprachgebiet (auch) Dialekt sprach. Die Abwertung des Lokalidioms ist vor dem Hintergrund der vergleichsweise späten Verankerung einer überregionalen Einheitssprache zu sehen, die im zentrumslosen deutschsprachigen Raum nur zöger- lichalsschriftsprachlicheNormangenommenwurde.Umsoschärfer elendieAngriffe zahlreicher aufklärerischer Sprachpuristen aus, die regionale Varietäten als verderbte Abart und Hindernis für vernünftiges Denken abquali zierten.17 Noch lange wirkte diese Geringschätzung in sprachgeschichtlichen Konzepten nach, die die Herausbil- 14 SchonWielandwendetsichgegendasu.a.vonAdelungpostuliertePrimatderVerständlichkeitvonSpra- che und führt dagegen literarästhetische Vorzüge dialektaler Ausdrücke ins Treffen. Vgl. Florian Gräfe: DialektliteraturinDeutschlandundItalien.KonstanzundWandelvonBewertungsmustern.Marburg:Tec- tum2004. 15 Vgl. Oskar Reichmann: Dialektale Verschiedenheit: zu ihrer Auffassung und Bewertung im 17. und 18. Jahrhundert. In: Klaus J. Mattheier [u.a.] (Hg.): Vielfalt des Deutschen. Festschrift für Werner Besch. Frankfurta.M.[u.a.]:Lang1993,S.289– 314. 16 Grob lassen sich dialektale Werke – natürlich mit den entsprechenden Überschneidungen und Doppel- besetzungen – vier Entstehungsbereichen zuordnen: dem kirchlichen (und hier zumal dem klösterlichen) Umfeld,denfeudalenHerrschaftszentrenundAdelssitzen,derstadtbürgerlichenKünstler-undIntellektu- ellenszeneundderbäuerlichenAlltagskulturmit ihrenzumeistunbekanntenVerfassern. 17 Vgl. Ulrich Knoop: Zur Begrifflichkeit der Sprachgeschichtsschreibung. Der ‚ Dialekt` als Sprache des ‚ ge- meinen mannes` und die Kodi kation der Sprache im 18. Jahrhundert. In: Horst Haider Munske [u.a.] (Hg.): Deutscher Wortschatz. Lexikologische Studien. Ludwig Erich Schmitt zum 80. Geburtstag von sei- nenMarburgerSchülern.Berlin/NewYork:deGruyter1988,S.336– 350.
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 Eine andere Literaturgeschichte
Titel
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Untertitel
Eine andere Literaturgeschichte
Autoren
Christian Neuhuber
Stefanie Edler
Elisabeth Zehetner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20630-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
652
Schlagwörter
Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800