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40 GLAUBE UND ABERGLAUBE
ausdrücklich vermerkt Locuti sunt hoc vernacula Salisburgensi 42 die Rede der Dar-
steller des mit Schallmey und Sackpfeifen begleiteten Adam- und Eva-Gspiel in Hemet
miteinenDäxbaumetc.waralsoinSalzburgerMundartvorgesehen,auchwenndiesnur
punktuell inderVerschriftungzumAusdruckkommt:
Rhetorica. WashastdufüreinPersohn?
A. Ich / was ich bin? Ich bin der Engl / kenst mich dann nicht aus dem Schwert / und aus der
Binden.
Rhetorica. Undwasbistdu?
B.
IchbinderAdam.5
C. UndichbindieEva.
D. Undichbin/undichbin/mein:wasbin ichhalt?
C. Weiß der Esel sein Persohn nit mehr / wir werden mit dir ein schöne Ehr aufheben / ich
mercksschon.10
D. Sosagtsmirs /wasbin ichdann?
C. Meinlebtag/bist jaduderTeu .
D. Istwohlwahr/gnädigeFrau/ jetztweiß ichsschon. IchbinderTeu .
Rhetorica. Iteboni;
abite.NihilmihinegotiiVobiscumest.15
A. Ichmein ihrstimmtunsnur?
D. Ja wohl stimmen / sie haben uns gar für Narren. Gehts / gehts haimb. Da gschicht uns doch
keinEhrnicht.43
15 Ite boni [...] est] (lat.) Geht, ihr braven Leute, geht weg. Ich hab mit euch nichts zu schaffen. 16 stimmt]
stimmen:sich lustigmachen
Die Spitze gegen das kunstlose mündlichkeitsorientierte Laienspiel, mit dem die Alle-
gorie der Rhetorik nichts zu schaffen haben will, galt wohl den Laufener Schiffleuten,44
die sich auch in Salzburg mit ihren Volksschauspielen einen Winterverdienst sichern
durftenundeinanHansSachsorientiertes AdamundEva-Spiel` imProgrammhatten,
das die deutschen Passagen des Bibelstücks wohl dialektaler als auf den Ordensbühnen
dieserZeitgewohntundschicklichpräsentierte.45 Einhalbes Jahrhundertspäter jedoch
griff mit Sebastian Sailers schwäbischem Singspiel Schöpfung der ersten Menschen, der
Sündenfall und dessen Strafe (1743) auch das Ordenstheater auf den beliebten Stoff zu-
rück, um ihn aus humoristischer Perspektive dialektal in Szene zu setzen. Dieses später
alsSchwäbischeSchöpfung bekanntgewordeneGlanzstückderdeutschenMundartkunst
42 Wolfgang Rinswerger: E funere Phoenix. Sive Operis posthumi Dramatum Pars Ima. Hg. von Johannes
Heigl.Regensburg:Hanck1729,S.154.
43 Ebda.,S.154f.
44 Vgl.HeinerBoberski:DasTheaterderBenediktineranderaltenUniversitätSalzburg(1617 1778).Wien:
Verl.derÖsterr.Akademied.Wissenschaften1978.(TheatergeschichteÖsterreichsVI:Salzburg1)S.202f.
Zum Laufener Schiffertheater vgl. Hans Moser: Schifferbrauch und Volksschauspiel im alten Laufen. In:
LeopoldSchmidt(Hg.):KulturundVolk.BeiträgezurVolkskundeausÖsterreich,BayernundderSchweiz.
Festschrift für Gustav Gugitz zum achtzigsten Geburtstag. Wien: Museum für Volkskunde 1954, S.285
300.
45 Das scheint auch eine Version des Laufener Adam-und-Eva-Spiels` zu bestätigen, die Hartmann aus den
Angaben verschiedener Gewährsleute in den 1870er Jahren rekonstruierte. Zumal die Rolle des Teufels
scheint dialektal angelegt gewesen zu sein. Das mundartliche Schlusslied, wohl in späterer Zeit hinzu-
gefügt, gibt eine eigenständige Version des Stoffs und hat sich lange auch im Volksgesang erhalten. Vgl.
August Hartmann (Hg.): Volksschauspiele. In Bayern und Österreich-Ungarn. Mit vielen Melodien, nach
demVolksmundaufgezeichnetvonHyacinthAbele.Leipzig:BreitkopfundHärtel1880,S.39 51.
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Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Titel
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Untertitel
- Eine andere Literaturgeschichte
- Autoren
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 652
- Schlagwörter
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen