Seite - 118 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
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118 KRIEG UND FRIEDEN
um Leopold I. (Reich, Großbritannien und Niederlande) gegen Frankreich und seine
Verbündeten führte, sicherte Maximilian zunächst durch die Besetzung der wichtigen
Donauübergänge von Ulm, Neuburg und Regensburg die Verbindung zu den französi-
schenTruppen,bevorerversuchte,überTirolnachItalienvorzustoßen,umsichmitden
Franzosen unter Kommando des Herzogs von Vendôme zu vereinigen. In Tirol jedoch
stieß er nach der Einnahme von Kufstein, Wörgl, Rattenberg, Hall und Innsbruck An-
fangJuliauferbittertenWiderstandderBevölkerung,dieerzürntüberdiedilettantische
Kriegsführung des kaiserlichen Generals Johann Martin Freiherr Gschwindt und die
überzogenenKontributionsforderungendesKurfürstendieVerteidigungderGrafschaft
selbst in die Hand nahm.43 Die autonome Mobilisierung der Tiroler Wehrverfassung
ließ Tausende Waffenfähige im Oberland zusammen nden, die die bayerischen und
französischen Soldaten rasch zurückdrängten und mit Scharfschützen stark dezimier-
ten.UnterderFührungdesLandeckerPostwirts JohannLinserunddesLaudeggerP e-
geverwalters Martin Andreas Sterzinger wurde ein feindliches Expeditionskorps in den
Schluchten von Prutz durch Steinlawinen und Beschuss vollständig aufgerieben. Auch
in den folgenden Wochen gelang es den Angreifern nicht, den Widerstand am Brenner
zu brechen, im Gegenteil: Die Schießkünste der Tiroler Scharf- und Scheibenschützen,
dievornehmlichaufdiefranzösischenEindringlingezielten, fügtenMaximiliansArmee
hohe Verluste zu und waren Signal für einen allgemeinen Aufstand von Bürgern und
Bauern. Bis Anfang August war Tirol weitgehend wieder von den Bayern befreit, mehr
noch:NachZusammenschlussmitdenkaiserlichenregulärenTruppenstießendieLan-
desschützenplünderndbis insOberbayerischezwischenIsarundLechvor.
Diese kriegerischen Vorgänge, die mit dem verharmlosenden Etikett Bayrischer
Rummel` in die Geschichtsbücher eingehen sollten, bilden ein wesentliches Ideologem
für Tiroler Geschichtsbewusstsein und Identitätsbildung. Die Grundlage dafür wurde
bereits unmittelbar nach den europaweit vielbeachteten Erfolgen der Landesschützen
durcheinegeschicktemedialeKampagne(wohlausdemUmfelddesKaiserhofs)gelegt.
Wesentlichen Anteil hatte dabei auch das illustrierte Flugblatt Lustiger Muster-Platz der
Tyrolischen Bauern, unter dem Commando deß tapffern Martin Läningers. Es zeigt den
legendären Bauernführer Martin Laninger, der acht Kampfgefährten auf die Schlacht
einschwört.Einetwasabseits stehender jugendlicherVerwandter fungiertalsTambour-
major, die übrigen martialischen Gesellen, die ihre todbringenden rustikalen Waffen
bereits im Namen tragen, versuchen sich in der Ausschilderung wilder Kampfeslust ge-
genseitigzuübertrumpfen:
43 Vgl.u.a.P.Albert Jäger:Tirolundderbaierisch-französischeEinfall1703.Ausarchivalischenundandern
gedruckten und ungedruckten Quellen bearbeitet. Innsbruck: Wagner 1844. Michael Forcher: Bayern-
Tirol. Die Geschichte einer freud-leidvollen Nachbarschaft. Wien: Herder 1981. Fritz Kirchmair: Die
GefechteanderPontlatzerBrücke1703und1809.Wien:ÖsterreichischerBundesverlag1983. (Militärhis-
torischeSchriftenreihe48).
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Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Titel
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Untertitel
- Eine andere Literaturgeschichte
- Autoren
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 652
- Schlagwörter
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen