Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
Seite - 127 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 127 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte

Bild der Seite - 127 -

Bild der Seite - 127 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte

Text der Seite - 127 -

MEDIALE SCHLACHTEN UND DIE ‚ WAHRHEIT` DER PROPAGANDA 127 Die schon im Titel angekündigte Lächerlichkeit des Unterfangens korrespondiert mit der realen Unzulänglichkeit des Landsturm-Aufgebots, das den bayrischen Söldner- truppen an Mannstärke zwar überlegen, militärisch aber unterlegen war. Warum aber wurdediesesbeunruhigendeFaktumzuZweckendesAmüsementsausgestaltet?Wären die Bauern die eigentlichen Adressaten, hätten Schriften wie diese deren Moral nicht gefährlich unterwandert? Es ließe sich vermuten, dass die Schrift – die zumindest drei Auflagen erreichte56 – erst entstand, als der Sieg über die Bayern bereits feststand und mandieLageausderDistanzbereitshumorvollbetrachtenkonnte.Allerdingsbespricht sie Der neu-bestellte Agent von Haus aus bereits Anfang April und scheint die Informa- tionen durchaus ernst zu nehmen.57 Die eigentliche Intention der Diffamierung könnte dementsprechend gewesen sein, dem Wiener Hof zu signalisieren, dass man auf mehr reguläre kaiserliche Truppen angewiesen war, da mit einem Haufen untrainierter Re- krutenmitunzulänglicherBewaffnungdasLandobderEnnsüberranntwerdenwürde. Ein Indiz dafür ist die ktive Adressierung auf den Titelblättern: Gibt der Verfasser im Denck- und Lobwürdigen Land-Tag noch vor, er habe seine Dichtung „ einem guten FreundnachLintzüberschickt“ 58, soll seineLächerlicheGeneral-Musterung „ garnacher Wien überschickt worden sein“ 59. In beiden Fällen stellt er sich mit dem Kürzel J.C. M. als Eferdinger Gerichtsschreiber vor – auch das wohl eine Mysti kation, da bislang in denPfarrmatrikelnkeinEintraggefundenwerdenkonnte,derdenInitialenentspräche. Die letzte Schrift der Serie, ein Kurtzweiliges Gespräch / Oder: Bauern-Disputation / Eines Bayrisch-Tyrolerisch-Schwäbisch- und Schwartz-Wälderischen Bauren, ist ein eher lauer Abgesang nach der Zweiten Schlacht von Hochstädt, bei der am 13. August 1704 ein alliiertes Heer der Kaiserlichen und Reichsarmeeteile unter Prinz Eugen sowie eng- lische Truppen unter dem Duke of Marlborough die französisch-bayerische Armee vernichtend schlagen konnten. Kurfürst Maximilian II. Emanuel musste mit Reichsacht belegt ins Exil, sein Land wurde von alliierten Truppen des Heiligen Römischen Reichs besetzt. In diesem Bauerngespräch sieht sich nun ein zwangsrekrutierter bayerischer Bauer mit Vorwürfen seiner Standeskollegen aus Tirol, Schwaben und dem Schwarz- waldkonfrontiert,die ihmeinSchuldeingeständnisabnötigenwollen: gen Raths / in die 30000. Mann starck auff der Welser Heyd in zwölff Theil allerhand Gewöhrs abgetheilt, auffSteffaFadingersManier/ folgendergestaltexercirtundangeführtworden./DieseseltzameMusterung hat mehr gedachter Curiose Gerichts-Schreiber von Efferting / J.C. M. in folgenden Reimen gar nacher Wienüberschickt.Gedruckt, imJahrChristi1704, f. 2v– 3r. 56 Vgl. die in der Setzung und in der Dialektverschriftlichung leicht differierenden, ansonsten weitgehend identischen Drucke, die als Online-Digitalisate der British Library bzw. der Bayerischen Staatsbibliothek einsehbar sind. Der (verschollene) Erstdruck wies noch ein Titelkupfer mit zum Kampf gerüsteten Bau- ern auf, vgl. [Andreas Stübel]: Der neu-bestellte Agent von Haus aus / mit allerhand curieusen Missiven, Brieffen / Memorialien, Staffeten, Correspondencen und Commissionen, nach Erforderung der heutigen Staats-undgelehrtenWelt.DerErstenFonctionErsteDêpêche.Freyburg/BeyJohannGeorgWahrmund/ Anno1704,S.190. 57 Vgl.ebda:„ VordemJahrmußtenwirderTyrolischenBauernTapfrigkeitadmirirenundrühmen/[...]wer weiß/wasnochfernerdurcharmseligeBauern/dadieNothamManngehet /gutesentstehenkan.“ 58 Denck-undLobwürdigerLand-Tag, f. 1r. 59 LächerlicheGeneral-Musterung, f.1r.
zurück zum  Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 Eine andere Literaturgeschichte
Titel
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Untertitel
Eine andere Literaturgeschichte
Autoren
Christian Neuhuber
Stefanie Edler
Elisabeth Zehetner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20630-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
652
Schlagwörter
Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800