Seite - 429 - in Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
Bild der Seite - 429 -
Text der Seite - 429 -
GELEGENHEITSPOESIE 429
drucken lässt, ist nicht bekannt; in einer späteren Werkausgabe verweist sie nicht auf
eines der zahlreichen österreichischen Vorbilder, sondern auf Hebel (dessen Alemanni-
schenGedichtefreilicherstJahrespätererscheinen).50Essolltedaseinzigeveröffentlichte
DialektgedichtderspäterunterdemKünstlernamen
Theone`bekanntgewordenenLyri-
kerinbleiben.NaVader,heundverkafengd'Linß ist inHianzischgedichtet,einerdamals
von dem deutschen Landvolk im Eisenburger, Oedenburger, Wieselburger und Preß-
burger Comitat 51 gesprochenen ui-Mundart, die heute noch im Burgenland zu hören
ist. Sprachlich durchaus geschickt gestaltet, bleiben die verwendeten Bildfelder weit-
gehend traditionellen dialektalen Elogen verhaftet. Interessanterweise verwendet der
Drucker (wohl aus Ödenburg/Sopron) zur Verschriftung des hellen a-Lauts nicht wie
im 18. Jahrhundert noch üblich den a-Umlaut, sondern analog zum Ungarischen
ein akzentuiertes á`, wie er sich in der Mundartdichtung des frühen 19. Jahrhunderts
durchsetzensollte.
1
NaVader,heundverkafengd'Linß
werwillundmag, init!
HeundkimtdergeistlichHerrvonGünß,
undbringt seinFrauerlmit. 2
Imuißsi segn,die JungferBraut,
derFürwitzstichtmiz'sehr.
erhat sichg'wisnixschlechtsausgschaut,
der liebigeistlichHerr.
3
EsmeineLeuteln,wißtsEswas?
Essáchts sieárechtgern;
stelltsEngmitmirand'GünßerStraß,
dag'wahrnmirsschonvonfern. 4
GebtsAchtingwennderWagenkimt,
vergeßtsnitaf'nGruiß,
das jederschönseinHuitanimt,
undauskraztmit'nFuiß.
5
HiezgehtderStaubauf tummeltsEng!
da fahrensschonherzui.
Hansmichel,duckdinuráweng,
das i'sá segenthui. 6
Hiezhab i'sg'segn derDeigeln'ein,
DasBräuteldas is rár!
Ásolchimüßtdiemeinesein,
wanniwasherretswár.
7
Nitumasunsthabensd'Leutsog'lobt,
s'isd'WahrheitmeinerTreu!
Habtsgsegn,wie'shat so freundlihg'nopt,
Undgschmaundeltáderbei? 8
Grüßtsánmald'Jungfern inderStadt,
wasgilts, sehaltensGnáck
sosteif alswannánEisendrath
inBuckeldrinnástáck.
9
Z'wegenmeiná!Sanmir ihnazschlecht,
mir laßensáunkeit.
ÁFreundlichi,nurde ist recht,
fürarmiBauersleut. 10
Heundwird ihrnomeinGáßhing'führt,
(giebtalliTag fünfHalb!)
UndwannmeinKuihmehrtragedwird
kriegt siedaserstiKalb.
11
Kumts!Trinknmir ihnáz'liebánWix
unsvondenbestenWein
ná!wartsáwenig! das isnix,
mir falltwasG'scheidersein. 12
Schliefts jeder inseinSuntagsrock,
undgehtszurPfarrmitmir,
staubtsd'Zischmaab,undláhnts inStock
undHuithübschvordieThür.
50 Vgl.TheresevonArtner:Gedichte.Gewählt, verbessert, vermehrt.Tl.1.Leipzig:Hartleben1818,S.185.
51 Ebda.
zurück zum
Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Titel
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Untertitel
- Eine andere Literaturgeschichte
- Autoren
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 652
- Schlagwörter
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen