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462 BRAUCHTUM UND GESELLIGKEIT
DaLippunddaLenz
håmbanoantuttlatsMensch
unddaLenzhåt'snetg'wißt,
daß 'sMenschoantuttlat ist.114
2 oantuttlatsMensch]MädchenmiteinerBrust
Esistnachvollziehbar,dassdieObrigkeitenmitverschiedenstenMittelnversuchten,sol-
che Gesänge und mit ihnen oft auch die Tänze selbst zu unterbinden. Abgesehen
von genehmigten Anlässen wie auf Hochzeiten, an Zunfttagen, bei Vertragsabschlüs-
sen, Kirchweihfesten oder im Fasching war Tanzen deshalb nur zu bestimmten Zeiten,
in lizensierten Lokalen und mit rigiden Auflagen (die freilich selten eingehalten wur-
den) erlaubt.115 Das erste Lied, das der Vorsänger auf eine bekannte Melodie sang, gab
den Tanz vor, den die Musikanten übernahmen und variierend weiterführten.116 Wie
die choreographische Ausführung aussah, deutet Hübner in seinen Beobachtungen aus
dem Lungau an: Es wird [...] unter wechselweiser Anstimmung der aus dem Stegreif
fabrizirten Tanzliedchen rechts und umgekehrt im Kreise herumgewalzet, wobey alle
Theile des Körpers in Bewegung sind, und die Mädchen besonders ihre Reitze sehr ge-
schickt zu entfalten wissen. 117 Auf das Klatschen und Stampfen weisen etwas spätere
Quellenhin.
Aus den einzelnen Schnaderhüpfeln bildeten sich bald auch Lieder mit einem Zu-
sammenhang der Strophen, die die Hauptmelodie des Tanzes tragen. Bedauerlicher-
weise ist diese bei der ältesten bekannten Aufzeichnung einer bairisch-österreichischen
Variante des hier so bezeichneten Hühnertanzes` nicht eingetragen; dass sie mit jener
übereinstimmt, die Erk und Irmer in den Deutschen Volksliedern wiedergeben, darf zu-
mindestangezweifeltwerden:118
1
WanstzumeinSchazerlkimst,
sagILaßgrüssen,
wan'sdichfragt,wiesmägeht,
sagaufnFüssn,
wannsdi thuet fragen
heutodermorgen,
sag, Ibin frischundgsund,
binnonit,binnonit,
binnonitgstorben. 2
BinbeymeimDienerlgwöst
ist schon8Tag,
hanihn3Bußlgöbn
hannötmehrghat,
hät Imehrghat,
hätt I iehmmehrgöbn,
wünschI iehmglückaufd'Raiß,
undä langs,undä langs,
undä langs löbn.
114 Richard Wolfram: Volkstänze aus Deutsch-Mokra. In: Das deutsche Volkslied 41 (1939), S.30 33, hier
33. Zu weiteren, teils auch abgeschwächten Fassungen des Vierzeilers vgl. Deutsch/Haid/Zeman, Das
Volkslied inÖsterreich,S.26f.
115 Vgl.Haid/Hochradner,LiederundTänzeum1800,S.63f.
116 Vgl. ebda.,S.38f.
117 Hübner,BeschreibungdesErzstiftesundReichsfürstenthumsSalzburg,S.536.
118 Vgl. Ludwig Erk/Wilhelm Irmer (Hg.): Die deutschen Volkslieder mit ihren Singweisen. Bd. I, Viertes
Heft. Berlin: Plahn 1843, S.23; als Quelle für den Text wird auf Nicolais Feyner kleyner Almanach (1778)
verwiesen,dergleichfallsnureineStrophewiedergibt.
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Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Titel
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Untertitel
- Eine andere Literaturgeschichte
- Autoren
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 652
- Schlagwörter
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen