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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte
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OpenAccess © 2019byBÖHLAUVERLAGGMBH&CO.KG,WIENKÖLNWEIMAR 486 KÖRPER UND SINNLICHKEIT (lat. scrotum) Hodensack 13,3 sedum] (fälschlich für lat. sedes) Stuhlgang, Stuhl 14,1 Gspaiß] Spaß 14,2 Der Dröck... aus]beiDarmverschlussstautsichderDarminhaltbis indenMagen,biseszumErbrechenkommt 14,4 abmäschirn]abtreten, sterben Trotz aller sprachlichen Drastik (oder vielleicht gerade wegen ihr) gibt das Lied ein in- struktivesBildderBehandlungsmöglichkeiten,diesichderbäuerlichenBevölkerungim Krankheitsfallboten.SobizarrdasRenommierendesDorfbadersmitentstelltenlateini- schenKrankheitsbezeichnungenundHeilmittelnauchanmutenmag– dievorgeführten medizinischen Anamnese-, Diagnose- und Behandlungsmethoden zeigen ihn auf der HöheseinerZeit,auchwenndieexzessiveBehandlungsweiseoderdiebedrohlicheHäu- fung der anempfohlenen hochwirksamen Remedien Schlimmes vermuten lassen. Nach der Uroskopie auf Basis der Galen'schen Humoralpathologie, der Patientenbefragung undderPulsdiagnosewerdenVomitivaundKlistierezurEntgiftungdesKörpersebenso in Erwägung gezogen wie ein Aderlass zur Kreislaufkorrektur und eine Blutegelkur zur GefäßbehandlungbeiHämorrhoidalleiden.Heilmethodenalso,dieauchinderAlterna- tivmedizin wieder zunehmend Akzeptanz nden. Auch die verschiedenen namentlich empfohlenen Mittel sind vielfach heute noch in Gebrauch oder zumindest Bestandteil naturmedizinischerPräparate. Es istalsowenigerdermedizinischeKenntnisstandderZeit,demhierdieKritikgalt. Zum Lachen gebracht werden sollte das Publikum vor allem durch die rigorose Benen- nung der Ausscheidungsprozesse und durchaus bedenklichen Krankheitsbilder, die im Behandlungsgesprächzwarsinnvoll seinkonnte,dochschonzudieserZeitnichtnurim öffentlichen Diskurs kaum tolerabel war. Selbst der Bader hat seinen Anteil daran, dass in die an sich emotionslos zu gestaltende Pathographie wieder der Ekel Einzug erhält, wenn er ungustiöse Vergleiche („ zwölf Dröscher fressens nit“ ) ins Spiel bringt. Einen besonderen Reiz aber musste das Lied für das durchwegs lateinkundige Zielpublikum (vermutlich bei einer Faschingsaufführung des Lambacher Konvents) durch die Dis- krepanz von tatsächlicher medizinischer Terminologie und deren Verstümmelung in der Rededes akademischungebildeten Badershaben. Ein Küchenlatein,das gleichwohl mächtigen Eindruck auf den Bauern macht und ihm Vertrauen ein ößt – ein Phäno- men,dassichbisheutebeobachten lässt. Mehrfach überliefert ist ein weiterer brachialkomischer Wechselgesang nach diesem Muster, der wie eine direkte Fortsetzung zu Lindemayrs Duett anmutet, kommt hier doch ein Bauer zum Bader, weil die Abführmittel der letzten Behandlung hartnäcki- gen Durchfall hervorgerufen haben. Auch die charakteristische metrische Form der elf Wechselstrophen lassen an ein Abhängigkeitsverhältnis denken. Die sprachlich und in- haltlich deutlich simplere Durchführung mag jahrzehntelangen Umsingeprozessen ge- schuldet sein. Hier der Beginn einer Fassung aus einer Handschrift, die im Anschluss einweiteresLindemayrliedüberliefert: 1 WillkombmeinLieberBadäBist schonäGscheidäman, mitmirwillshaltnitBösserwern,was fang ichwohlnochan? Lippl lieberNachberwas fehltdirdenschanmehr, Bist znägstn jaerstdadägwöstkimmstheutschanwiderher.
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 Eine andere Literaturgeschichte
Titel
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Untertitel
Eine andere Literaturgeschichte
Autoren
Christian Neuhuber
Stefanie Edler
Elisabeth Zehetner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20630-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
652
Schlagwörter
Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800