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18 Haus und Heim.
Der freistehende Feldkasten, meist ein kleines, hohes Blockhaus
mit fester Pforte, welche nicht selten mit Bibelsprüchen versehen ist,
enthält den Fleisch- und Getreidevorrath des Bauern.
Das Zu- oder Auszughäusel dient den alten Bauersleuten, wenn sie
den Hof ihren Kindern, dem ältesten Sohne, oder dem Schwiegersohne
unter Vorbehalt eines gewissen Auszuges übergeben haben, zum Aufenthalte.
Bei den meisten Höfen befindet sich auch im Hofe ein Böhrbrunnen
mit laufendem Wasser und grossem Brunnentrog für die Viehtränke. An
der Stall- oder Stadlthüre sind meist drei Sperber oder Habichte angenagelt.
Das Wohnhaus hat zwei Hausthüren, eine vordere und eine gegen-
über liegende hintere. Wenn man eintritt, gelaugt man zuerst in das Vor-
haus, häufig „Laben" (Lauben) genannt. Von der Laben führen Thüren
einerseits in die Küche mit offenem Herd und in das vordere und hintere
Stübel und in die Wohnstube ; vielleicht auch noch in eine oder die andere
Kammer.
Die Wohn- oder Gesindestube mit großem, von der traulichen breiten
Ofenbank umgebenen Kachelofen und mächtigem, stets blank gescheuertem
Tisch mit weitgespreizten Füßen, ober welchen in der Zimmerecke das
kleine Iiausaltarl angebracht ist, bildet den gemeinsamen Aufenthaltsort
aller Hausgenossen, beim Essen wie beim Gebete, beim Spinnen der Mägde,
wie zur Erholung in freien Stunden.
Neben dieser geräumigen Stube liegt meist die rußgeschwärzte Küche
mit offenem Herd. In ganz alten Häusern gibt es noch häufig „Rauch-
stuben", d. i. Wohnstuben, die zugleich als Küche dienen; Sparherde sind
noch sehr selten. Von der Küche werden die Speisen meist durch eine
kleine Maueröffnung „Schuber" in die Stube gereicht. Von den Stübeln
wird eines von den Bauersleuten benützt, das andere von den Auszüglern,
wenn selbe keine eigenen Häuschen haben. Vom Vorhause führt eine Stiege
aufwärts in das Stockwerk, den Salier- oder Labenboden, und eine Stiege
hinab in den Keller. Vom Labenboden führen Thüren zu den Schlafstuben
der Knechte und in die Menscherkammer, sowie in die Gaststube, die gute
Stube des Hauses mit dem Gastbette, dem Glaskasten, hinter welchem der
Brautkranz, die Hochzeitsbuschen uud Bänder, Tauf- und Firmgeschenke
der Kinder, schöne Wachsstöcke, gewonnene Beste vom Scheibenschießen,
allerhand Seltenheiten und die besten Geschirre des Hauses ihren Platz finden.
Hier verwahrt auch die Bäuerin in großen, mit Blumen bemalten
Schränken ihren Schatz an „ristener" (feinerer) und rupfener (gröberer)
Leinwand, aus im Hause selbst erzeugtem Gespinste.
In alten Häusern durchzieht meist ein die Zimmerdecke tragender,
mächtiger Querbalken das Gemach, in welchem allerlei Zieraten und die
Jahreszahl eingeschnitzt ist. Dazu ist auch das ganze Gemach vertäfelt
und blitzen an den Gesimsen mächtige Zinnsehüsseln und Kupferkrüge,
während amQuerbalken der Reihe naeh kleine Zinn-und Steingutkrüge hängen.
Vom Labenboden führt eine Stiege zum Dachboden (Hoherboden),
auf welchem eine Unzahl von Spinnrädern und Truhen mit Flachs, Wolle,
Wäsche etc. und anderes Geräth verwahrt werden.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918