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Haus und Heim. — Alpenwirtschaft. 21
übereinstimmen; so bedeutet auch hier ein Fäustling : kalt — Winteranfang,
und eine Scheibe mit Punkt in der Mitte: Sonne — Sonnenschein — warm.
Bei jedem einzeln stehenden Bauernhofe fehlt auch nie eine Haar-
brechhĂĽtte, (BrechelhĂĽtte oder Badestube), welche der Feuersgefahr wegen
fast immer abseits vom Gehöfte liegt. In den Alpenthälern hat auch immer
jedes Gehöft seine eigene Hausmühle.
Niemals fehlt der „Hausgarten" und der „Krautgarten". Der erstere
ist stets eingeplankt und mit gelben Dotterblumen, Veilchen, Nelken etc.
bepflanzt; letzterer erstreckt sich auf freier Wiese. — Wenn Obstbäume
noch gedeihen, so umgeben einige derselben, u. zw. namentlich Birnen-
und Kirschbäume, das Gehöfte. Mehrfach steht auch eine mächtige alte
Linde (meist im MĂĽrzthale) oder ein knorriger Zirbenbaum (im Murtliale)
nächst dem Hause, und ein Hollunder- oder Fliederstrauch im Hausgarten.
Die Wiesen, Felder, Weiden und Wälder, die zu einem Bauernhofe ge-
hören, sind in den Hauptthälern selten gut arrondiert, sondern sie liegen meist
zerstreut in den verschiedensten Gegenden. In den Alpenthälern aber ist
die Arrondierung häufiger, indem oft alles, was um einen einzeln stehenden
Bauernhof liegt, von der Thalsohle an bis zum Bergkamme zusammengehört.
Alpenwirtschaft.
In innigster Verbindung mit der Viehzucht steht die Alpenwirtschaft, die
mit Ausnahme des eigentlichen Mürzthales, wo sich nur sehr wenig Höhen
zur eigentlichen Alpenwirtschaft eignen, ĂĽberall verbreitet ist. Die Almen
bestehen meist aus Nieder- und Hochalmen und es wird das Vieh meist Ende
Mai bis Johanni zuerst in die Niederalm, sodann im Hochsommer auf
5 — 6 Wochen auf die Hochalm getrieben, worauf wieder auf die Niederalm
.-abgefahren" wird, um Ende September oder anfangs October, meist beim
ersten starken Schneefall, die festliche Heimfahrt anzutreten.
So nüchtern auch das alltägliche Leben der häuerlichen Bevölkerung
dahinzieht, und so viel altererbte Sitten und Gebräuche in letzter Zeit
abgekommen sind, so bildet doch noch immer die Heimfahrt von der
Alm zum heimischen Gehöfte ein sinniges Fest, welches allen Wechsel der
Zeiten ĂĽberstanden hat, und in welchem die Bedeutung der Almenwirtschaft
und das Wohl und Wehe der, der Almerin anvertrauten Herde in seltener,
poesievoller Weise sich geltend macht. Ist keine Kuh abgestĂĽrzt, und hat
die Sennerin auch sonst kein UnglĂĽck mit dem Vieh gehabt, so erfolgt
die festliche Heimfahrt , der Abzug zum Gehöfte des Bauern.
In malerischem Zuge schreitet die Glockenkuh in Begleitung zweier
jüngerer Kühe gar selbstbewusst voran. Eine mächtige Glocke hängt an
einem mit Rauschgold, bunten Bändern und Spiegeln geschmückten Riemen,
um ihren Hals. Von ihrer Stirne blitzt ein Spiegel weithin im Sonnen-
schein, oder baumelt ein großer Schlüssel, die Hörner blinken heute wie
eitel Gold, und gar lustig flattern farbige Bänder von denselben. Dahinter
schreitet gar gravitätisch der Stier, der Jodl, sich seiner Stellung als
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918