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36 Steirertanz und Volksspiele.
zwar so ruhig, dass sie mehr giengen, als tanzten. Damals war der Steirer-
tanz noch der reine schöne Ausdruck der Ruhe, des Friedens und gemüth-
licher Herzlichkeit.
In der Gegend von Haus und Schladming tanzt man zuweilen den
Bande l tanz , der später seine nähere Beschreibung finden wird. Dabei
wird ein entrindeter Fichtenbaum, von dessen Wipfel farbige Bänder hängen,
in die Mitte der Stube aufgestellt, die Paare fassen nun die Enden der
Bänder und tanzen dabei um den Baum in der Weise herum, dass der
Stamm in einer bestimmten Farbenreihe von Bändern ganz umflochten
wird, worauf dann wieder durch Tanzen in umgekehrter Richtung die Bänder
vom Stamme abgewickelt werden.
Mehr den Charakter eines Festspieles hat der nur noch in Schöder
bei Murau ab und zu bis heute aufgeführte Reif tanz, welcher von elf
Reiftänzern und dem Hanswurst getanzt wird. Die Reiftänzer halten dabei
einen mit Bändern verzierten Reif aus Tannenreisig mit beiden Händen
und bilden damit zahlreiche, oft geradezu reizende Figuren. Dieses inter-
essante Spiel, bei welchem Tanz und Reimspiel immer wechseln, ist offenbar
identisch mit dem uralten nordischen, später im Mittelalter vielfach ver-
breiteten Schwerttanz, der namentlich von den Bergleuten gepflegt wurde.
Auch dieser Tanz wird später näher besehrieben werden.
Außerdem werden namentlich in den Bergwerksorten alte Volksspiele
meist religiösen Inhaltes, wie das Adam- und Eva-Spiel, das Susanna-
und Genovefa - Spiel etc., wovon sich alte Originaltexte im Eisenerzer
Museum erhalten haben, ab und zu aufgeführt, sowie auch in regelmäßiger
Wiederkehr Waldberainungsfeste, wobei die Waldgrenzen einer Gemeinde
von alten und jungen Inwohnern begangen werden. Dabei erhalten oft
die jungen Leute hei jedem Rainstein zum Gedenken einen leichten Backen-
streich, und eine Art Volksfest schließt die Feier. Auch Passionsspiele
wurden noch vor wenigen Decennien im Palten- und Liesingthale aufgeführt.
Im nordwestlichen Winkel des oberen Murthaies, in der Gegend von
St. Peter am Kammersberg, Schöder, Ranten und Krakaudorf bestehen seit
uralter Zeit Schützengarden, die sog. Prang (Prangschützen), die bei fest-
lichen Anlässen in alten Uniformen, in Krakaudorf sogar noch mit echten
Bärenmützen, ausrücken. Dabei findet noch das schwierige Fahnenschwingen,
welches einst mehrfach ein Privilegium einzelner Zünfte war, statt. Im Zu-
sammenhange damit steht der einzig und allein in Krakaudorf am Sonntag nach
Oswaldi (anfangs August) aufgeführte Samson-Umzug, bei welchem die Rie-
sengestalt des Samson, welcher in der Rechten die Eselskinnbacke, in der Linken
eine Lanze oder Hellebarde trägt, die Hauptrolle spielt. Der gewaltige Recke
führt dabei ein gemüthliches steirisehes Tänzchen auf, worauf Dechargen der
Prangschützen folgen und unter den Klängen der Musik der Samson wieder
sein Tänzchen aufführt. In der Gestalt steckt ein starker Bursche, welcher
den Popanz auf den Schultern trägt. Hier erscheinen auch bei den kirch-
lichen Umzügen der Initien Bauernmädchen, als Hirtinnen gekleidet, mit der
Hirtentasche und dem Hirtenstabe, wie auch früher in mehreren Gegenden
Obersteiers Schäferspiele religiösen Inhaltes aufgeführt wurden.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918